Textatelier
BLOG vom: 19.09.2006

Westlicher Siegeszug in China? Wer nimmt wen aus?

Autor: Emil Baschnonga, London
 
Das Reich der Mitte ist zum Lockvogel für amerikanische Ketten wie McDonald’s, KFC (Kentucky Fried Chicken) und den Discounter Wal-Mart usf. geworden, weil die 2008-Peking-Olympiade und die Expo 2010 in Shanghai anstehen.
 
McDonald’s hat bis anhin 580 Lokale in China in Betrieb genommen und plant, die Zahl bis im Jahr 2008 auf 1000 zu erhöhen. Viele Chinesen suchen dort bloss die Toilette auf, weil es davon wenige öffentliche gibt … Die Wal-Mart-Kette hat nichts für Gewerkschaften übrig, aber muss sie in China in Kauf nehmen. China als Händlernation par excellence sattelt, wie ich lese, recht reibungslos von der Planwirtschaft auf die Marktwirtschaft um. Dieses Riesenland, wo 56 ethnische Gruppen in Eintracht leben, nimmt – nicht ohne Hintergedanken – mehr und mehr kapitalkräftige westliche Zuzügler gastfreundlich auf. So stellt sich die Frage: Wer nimmt innerhalb der chinesischen Mauer am Ende wen aus?
 
Auch China ist beileibe kein Paradies, aber ist weitaus weniger angeschlagen als der amerikanische Imperialismus. Auch chinesische Grossfirmen sind keineswegs zimperlich, denn sie wollen ebenfalls billig ans Erdöl kommen, um ihren Industrieapparat auf Hochtouren zu bringen. Der chinesische Exportmarkt floriert. Das „Made in China“ überflutet westliche Märkte, inbegriffen Amerika. China nimmt an der Globalisierung teil und treibt sie voran, ohne (vorderhand) ihr Opfer zu werden.
 
Nach Schätzungen sollen rund 20 Millionen Auslandchinesen in 200 Ländern weltweit leben. Sie unterhalten enge Handelsbeziehungen mit ihrer alten Heimat. Sie haben den Speisezettel vieler Nationen bereichert und leben vorzugsweise in ihren Chinesenvierteln. Ihre wirtschaftliche Bedeutung wächst weiter, über „Chinese noodles“ hinweg.
 
Das Wort Religion fehlt im Chinesischen. Die Lebensweise der Chinesen ist nicht von Dogmen bestimmt, sondern von „Lehren, Studien oder Schulen“ des Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus beeinflusst. Ihr Ahnenkult ist ausgeprägt, und ihre Familienbande sind so stark wie Schiffstaue. Ich glaube, das ist ein Bollwerk gegen westliche Überrumplungsversuche. Kinder werden angehalten, Zitate aus diesen Lehren auswendig zu lernen, worunter nicht zuletzt auch jene von Mao Tse-Tung.
 
Auch Mao Tse-Tung hat aus diesem kulturellen Nachlass, zum Selbstschutz der Nation, geschöpft, als er schrieb: „Was die imperialistischen Länder betrifft, so müssen wir uns auch mit ihren Völkern zusammenschliessen, müssen danach streben, mit diesen Staaten in friedlicher Koexistenz zu leben, Handel zu treiben. Wir müssen einen Krieg, der ausbrechen könnte, verhindern, dürfen uns aber unter keinen Umständen von diesen Staaten irgendwelche unrealistischen Vorstellungen machen.“
 
Im „Tao Te King“ („Buch vom Sinn und Leben“), vermerkt Lao Tse, Lehrmeister des Taoismus:
Wer gut zu führen weiss,
ist nicht kriegerisch.
Wer gut zu kämpfen weiss,
ist nicht zornig.
Wer gut die Feinde zu besiegen weiss,
kämpft nicht mit ihnen.
Die friedliche Grundeinstellung bezeugt auch Konfuzius im Kapitel „Li Ren“ wie folgt: Konfuzius sprach: Shen, meine Lehre stützt sich doch auf ein einziges Prinzip, das alles durchdringt!“
Zeng Zi sprach: „So ist es.”
Als Konfuzius fortgegangen war, fragte einer der Jünger: „Welches meint er?”
Zeng Zi sprach: „Die Lehre des Meisters stützt sich nur auf eines: Treue gegen sich selbst und Rücksichtnahme auf andere.“
 
Sehr gern hätte ich noch die ganze Parabel „Die Kampfhähne“ aus den „Reden und Gleichnissen des Tschuang Tse“, wie von Martin Buber ausgewählt und dargeboten, zur Abrundung dieses Blogs mitgegeben (Insel-Verlag 1918).
 
Kurz gesagt, ging es dabei darum, einen Kampfhahn für einen Fürsten abzurichten. Als dieser nach 10 Tagen nach den Fortschritten fragte, bekam er zur Antwort: „Er ist noch voll Streitsucht und Übermut.“ Weitere 10 Tage später erfuhr der Fürst: „Noch nicht, die Stimme und der Anblick anderer Hähne erregt ihn.“ Wiederum 10 Tage später war der Hahn noch immer nicht abgerichtet, weil er voll „Zorn im Leib zittert“. „Endlich taugt er“, erfuhr der Fürst, „seine Tugend ist vollendet. Fremde Hähne werden nicht wagen, sich mit ihm zu messen; sie werden davonlaufen.“
 
Es liegt auf der Hand, wem diese Lehre gilt
 
Hinweis auf ein weiteres Blog zum Handel mit China
 
Hinweis auf eine Kurzgeschichte von Emil Baschnonga
 
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