Textatelier
BLOG vom: 02.05.2007

Studien-Nonsens (II): Diäten-Zauber aus der Mottenkiste

Autor: Heinz Scholz, Schopfheim D
 
Zweifelhafte Studien im Ernährungsbereich
Seltsame Studien gibt es auch im Ernährungsbereich. In den 50er- und 60er-Jahren wurde bei uns die Margarine als gesund eingestuft. Die Butter galt als ungesund. Jeder kaufte damals Margarine und verzehrte diese mit beruhigtem Gewissen. Schliesslich wurde die cholesterinfreie Margarine mit ihren „gesunden“ Fetten von namhaften Wissenschaftlern besonders empfohlen. Aber bald kam eine Retourkutsche. Die damaligen Margarinen enthielten die Arteriosklerose fördernden Transfettsäuren (diese wurden erst später nachgewiesen). Es wurde jedoch noch etwas ganz Gravierendes bekannt: Die Studien wurden damals von der Margarineindustrie gesponsert und ihre Produkte deshalb positiv beurteilt. Später wurde das Naturprodukt Butter in anderen Studien wieder gelobt.
 
Dieses Hüh und Hott verunsichert den Verbraucher kolossal. Richtig liegt immer jener Verbraucher, der auf seinen Bauch hört und auf Naturprodukte scharf ist.
 
Das „gute“ und das „böse“ Cholesterin
Auch im Zusammenhang mit dem Cholesterin wurden merkwürdige Studien publiziert. Vor nicht allzu langer Zeit wurden die Eier als Cholesterinbomben verteufelt, und nun liegen Studien vor, die beweisen, dass Eier doch nicht schädlich sind.
 
Hier die Begründung: Eier enthalten zwischen 200 und 300 mg Cholesterin pro Stück. Bisher gibt es keinen Beleg, dass Eier den Cholesterinspiegel erhöhen und die Schlaganfall- und Herzinfarktgefahr steigt. Unser Körper bezieht das Cholesterin hauptsächlich durch die eigene Produktion in der Leber (500–1000 mg!). Cholesterin ist kein Gift, sondern ein lebenswichtiger Baustoff für Vitamin D, Hormone und Gallensäure. Ein gesunder Körper ist befähigt, seinen Cholesterinspiegel selbst zu regulieren. Nimmt er beispielsweise vermehrt Cholesterin mit der Nahrung auf, dann sinkt die körpereigene Produktion und umgekehrt.
 
Der Dotter des Hühnereis enthält Lecithin, das eine Senkung des Cholesterins bewirkt.
 
Wie amerikanische Ernährungsfachleute der Kansas State University bei Versuchen an Ratten herausbrachten, wird das Ei-Cholesterin vom Körper kaum aufgenommen; aber der Mensch ist keine Ratte. Bei Menschen, die täglich 2 Eier verspeisten, wurde keine Erhöhung des Cholesterinspiegels gesehen. Nur Patienten mit einer angeborenen Störung des Cholesterinstoffwechsels sollten den Eierverzehr einschränken.
 
Ein erhöhter Cholesterinspiegel soll das Risiko für einen Herzinfarkt fördern. Wegen der Höhe des Spiegels bestehen weiterhin verschiedene Meinungen. Die Hersteller von Cholesterinsenkern und US-Ärzte plädieren für einen möglichst niedrigen Wert an Gesamtcholesterin, wiederum andere unterscheiden zwischen dem „guten“ Cholesterin (HDL = High Density Lipoprotein) und dem „bösen“ Cholesterin (LDL = Low Density Lipoprotein). Das HDL schützt die Blutgefässe angeblich vor Arteriosklerose.
 
Inzwischen weiss man, dass das oxidierte Cholesterin, das im Körper und bei der Nahrungsmittelproduktion entsteht, noch gefährlicher ist. Hier helfen Antioxidantien (Sauerstoff-Fänger), wie Vitamin C, E und Beta-Karotin, die das LDL-Cholesterin vor den Sauerstoffattacken schützen. Reichlich Antioxidantien enthalten Lebensmittel mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren.
 
Wir liegen nicht falsch, wenn wir den Verzehr an gesättigten Fettsäuren (Fleisch und Wurst) und den Zuckerkonsum reduzieren und vermehrt Öle mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (Olivenöl, Rapsöl, Walnussöl, Weizenkeimöl), Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Salat aufnehmen.
 
Ein Couch-Potato hat schlechte Karten
Von besonderer Wichtigkeit ist neben einer gesunden Ernährung auch die Bewegung. Durch eine vernünftige Bewegung kann man auch das LDL-Cholesterin senken. Ein „Couch-Potato“, wie sich kürzlich ein Bewegungsmuffel nannte, hat hier schlechte Karten, aber auch ein solcher, der jede kleine Strecke mit dem Auto fährt, Chips sowie Süsskram mampft und viel Alkohol in sich hineinschüttet.
 
Dazu eine Leserzuschrift von Karin in der Online-Ausgabe von „focus“ (7. Dezember 2006): „Nach 12 Jahren Blutdrucksenker, Cholesterin- und Beta-Blocker (mit mehreren Umstellungen wegen Nebenwirkungen) konnte ich mich jetzt von den Blutdrucksenkern verabschieden. Den Rest schaffe ich auch noch – durch ruhigere Lebensweise und viel Bewegung, Teilnahme an diversen Kulturveranstaltungen und allem Schönem. Nur Essensumstellung reicht nicht.“
 
„Lytas“ schrieb: „Essensumstellung hat bei mir nichts genutzt, da wir uns schon immer richtig ernährt hatten. Tabletten haben nur ein halbes Jahr genutzt, dann musste die Dosis erhöht werden, weil mein Körper darauf reagierte und wieder mehr Cholesterin produzierte. 1 Stunde Radfahren pro Tag haben meine Cholesterinwerte und meinen Blutdruck normalisiert – ohne Tabletten und geldgeile Pharmaindustrie.“
 
H. Rasper äusserte sich zum Thema so: „Die weithin immer wieder gegebene Story von den Cholesterin steigernden Eiern ist falsch. Die Cholesterin-Risikowerte werden von der Industrie nach unten gesenkt, um mehr Cholesterinsenker zu verkaufen. Diese Werte werden von der Deutschen Lipidgesellschaft verbreitet, die zu 80 % von Pfizer, dem grössten Hersteller von Senkern, finanziert wird. Ich esse selber 10–15 Eier die Woche bei idealen Werten.“
 
Wirkungsloser Glyx-Faktor?
Schon seit einigen Jahren ist die Glyx-Diät ein Renner. Unzählige Bücher wurden auf den Markt geworfen und auch von Abnehmwilligen gekauft. Wie die Geier stürzten sich die Molligen auf diese neu propagierte Diät, die viel versprach. Diesen Effekt beobachtet man immer wieder, wenn eine neue Diät propagiert wird. Dies beweist doch eindeutig, dass alle anderen Diäten nichts nutzten. Wie ich kürzlich las, konnte bisher keine einzige Diät auf Dauer helfen. Auch die Glyx-Diät war nicht besser als andere Diäten, wie eine neue Studie ergab.
 
Der glykämische Index beschreibt Menge und Geschwindigkeit, mit der die in den Nahrungsmitteln vorhandenen Kohlenhydrate ins Blut gehen. Gehen diese schnell ins Blut, steigt der Blutzuckerspiegel rasant an, was angeblich zu einer Gewichtszunahme führt. Es sollen bei dieser Diät hauptsächlich Lebensmittel mit niedrigem glykämischem Index (GI) verzehrt werden. Zu diesen gehören z. B. Milch, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Blattgemüse und Erdnüsse. Von den Lebensmitteln mit hohem und mittlerem GI sollten die Anwender möglichst wenig konsumieren. Zu den Lebensmitteln mit hohem GI zählen z. B. Weissmehlprodukte, Cornflakes, Kuchen, Kekse, Bier, Weintrauben und Honig. Einen mittleren GI weisen Graubrot, Müsliriegel, Salzkartoffeln, ungesüsste Obstsäfte und Bananen auf.
 
Die Einteilung der Lebensmittel nach dem GI ist deshalb nicht verkehrt, weil man mehr Vollkornprodukte und Gemüse verzehrt, die viel Ballaststoffe und wenig Zucker enthalten. Ein positiver Nebeneffekt darf nicht ausser Acht gelassen werden: Der Sättigungseffekt hält bei Aufnahme einer Vollwertkost länger an.
 
Die Online-Ausgabe von „focus“ berichtete am 10. April 2007 über eine Studie, die Susan Roberts und ihre Kollegen von der amerikanischen Tufts University durchführten. Das Ergebnis war ernüchternd: Die Freiwilligen, die den glykämischen Index berücksichtigten, nahmen in einem Zeitraum von 6 Monaten 10,4 % ihres Gewichtes ab. Die anderen, die ohne diesen Faktor zu berechnen, drauflos futterten, konnten ihr Gewicht um 9 % senken. Nach 12 Monaten hatte jede Gruppe 8 % abgenommen. Der angebliche positive Effekt war verpufft.
 
Es ist durchaus möglich, dass es irgendwann eine Studie gibt, die genau das Gegenteil herausbringen wird.
 
Zur Glyx-Diät schrieb ein Leser: „Mal wieder eine Mär zu Ende und eine Modeerscheinung vorbei.“
 
Honey ist der Ansicht, wer sich vollwertig ernähre, neige nicht zu Übergewicht. Er äusserte sich wie folgt: „Den Beweis kann jeder sehen, der die Jahrestagungen der ‚Gesellschaft für Gesundheitsberatung’ in Lahnstein besucht… Solche Studien werden von der Nahrungsmittelindustrie gefördert, um Verbraucher zu verunsichern. Wer sich vollwertig ernährt, hat natürlich ein ganz anderes Kaufverhalten. Lassen sie sich nicht verrückt machen, die Natur gibt uns alles, was wir brauchen. Je weniger es verarbeitet ist, desto wertvoller.“
 
Ich kenne einige Leute, die bei Zufuhr einer vollwertigen Kost mollig werden. Sie essen eben mehr, weil die Kost so gut schmeckt. Oft höre ich dann den Ausspruch: „Was sind schon einige Pfunde zuviel. Ich fühle mich wohl.“ Diese Leute sind mit ihrem Wohlfühlgewicht zufrieden und würden niemals auf die Idee kommen, abzuspecken.
 
Psychotricks sollen helfen
Inzwischen sollen Psychotricks besser helfen als die Diät. Entscheidend ist ein starker Wille, der zu einer Gewichtsreduzierung führt. Volker Pudel führt unter www.focus.de 20 Tipps auf, um die Psyche zu stärken (diese stehen in der Foto-Galerie).
 
Hier einige Leser-Kommentare nach Publikation in der Online-Ausgabe von „focus“:
 
Waldems schrieb: „Wo ist der volkswirtschaftliche Schaden? Dicke essen mehr. Bauern und Nahrungsmittelindustrie freuen sich. Die angeblichen Kosten der Krankenversorgung wegen Übergewicht sind Einnahmen für Krankenhäuser, Ärzte und Pharmaindustrie. Also leben viele gut von fetten Menschen. Einzig die Dicken leiden, wegen ihrer Gesundheit, wegen ihres Aussehens, aber nicht wegen dem angeblichen volkswirtschaftlichen Schaden.“
 
Meine Meinung: Man sollte immer auf den Bauch hören, was man isst und wie viel man isst. Viele haben jedoch das genussvolle und intelligente Essen verlernt und stopfen sich mit einer minderwertigen Kost voll.
 
Hier ein weiterer Kommentar von „Kellerassel“: „Früh, Mittag und abends, so sind unsere disziplinierten Essenszeiten. Keine Diät, die ich beendet habe, hat etwas gebracht. Jahre hat es gedauert, bis es bei mir geschnackelt hat. Seit 3 Jahren esse ich, wenn ich Hunger habe, d. h. ich esse mitunter 5- bis 7-mal am Tag … Nachts gibt es keinen Heisshunger mehr. Habe im 1. Jahr 14 kg abgenommen und das halte ich schon seit 2 Jahren.“
 
Andalucia M. betonte, dass man nur mit 2 Dingen abnehmen kann, nämlich durch Sport und korrekte Ernährung. „Und dazu gehören keine Diäten, sondern  z. B. FDH und gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse. Alles andere ist Tüneff!!! Und wer so einen Schwachsinn glaubt, ist selber schuld“, schreibt sie in ihrem Kommentar.
 
FDH ist eigentlich auch Tüneff! Richtig sollte es FDR, friss bzw. iss das Richtige heissen.
 
Atkins-Diät aus der Mottenkiste
Vor einigen Jahren wurde die Atkins-Diät hoch gelobt. Dann, als der Begründer der fettreichen Kost mit Übergewicht das Zeitliche segnete, wurde es etwas ruhiger in der Presselandschaft. Anfang dieses Jahres wurde die Diät aus der Mottenkiste wieder von selbsternannten Ernährungsgurus hervorgeholt und die kohlenhydratreiche Kost verteufelt.
Man kann jedoch mit dieser Diät abnehmen, das stimmt zweifellos.
 
Dr. Johann Georg Schnitzer warnt vor dieser Diät:
 
„Ein hoher Überschuss an Eiweiss in der Atkins-Diät und ein gleichzeitiger Mangel an Vollkornnahrung führen in einen prädiabetischen Zustand (eine Vorstufe von Diabetes Typ II) mit vermehrter Ketonkörperbildung hinein. Diese erzeugt Appetitlosigkeit, welche den Prozess der Ketonkörperbildung verschlimmert (ein Teufelskreis) – und auf diese gefährliche Art kommt es zum Gewichtsverlust.
 
Diabetes ist ohnehin schon die am schnellsten zunehmende Zivilisationskrankheit, was von der Medizin, der Pharmaindustrie und von auf Diabetesaktien spezialisierten Börsenspekulanten („Reich werden mit Diabetes“) mit grossem wirtschaftlichem Interesse verfolgt wird. Übergewichtige sind am meisten dazu prädestiniert, an Diabetes zu erkranken.
 
Würden diese mit einer natürlichen und artgerechten Kost und ein wenig körperlicher Betätigung ihr Gewicht normalisieren, so wäre damit gleichzeitig ihr Diabetes-Risiko verschwunden, und sie wären für das Multi-Milliarden-Geschäft mit dem Diabetes als Einnahmequelle verloren.
 
Nicht so mit der Atkins-Diät. Da besteht für die Diabetes-Lobby die Chance, dass der Übergewichtige – mit warnendem Hinweis auf sein erhöhtes Diabetesrisiko zu dieser Diät gedrängt – zwar damit abnehmen kann, aber gleichzeitig erst recht zum Diabetiker und damit zur Dauer-Einnahmequelle für die boomende Diabetes-Wirtschaft wird. Man darf annehmen, dass hierin der eigentliche Grund zu suchen ist, warum diese Diät wieder aus der Mottenkiste hervorgeholt worden ist.
 
Um die Sachlage richtig einzuschätzen, muss man wissen, dass etwa 50 % aller Einnahmen der Arztpraxen aus Bluthochdruckpatienten, 25 % aus Diabetespatienten und weitere 10 % aus Patienten gewonnen werden, die sowohl an Bluthochdruck als auch an Diabetes leiden. In der Pharmawirtschaft liegen die Dinge ähnlich, wobei Diabetes wegen zahlreicher teurer Produkte, auch für die Behandlung von Folgekrankheiten wie Nierenversagen (Dialysebehandlung), besonders lukrativ ist.
 
In Wirklichkeit kann man sich vor Übergewicht eben so wie vor Bluthochdruck und Diabetes schützen und sich auch selbst von diesen Krankheiten kurieren, wenn man die Ursachen kennt und eine natürliche und artgerechte Ernährung anwendet – wobei es allerdings auf einige wichtige Details ankommt.
 
Dass diese einfachen Möglichkeiten der Prävention und Gesundung von der Medizin eben so wie von den Mainstream-Medien beharrlich verschwiegen werden, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Atkins-Diät deshalb wieder verstärkt propagiert wird, weil sie zum globalen Wachstum der von Krankheiten lebenden Wirtschaftsgruppen beiträgt.“
 
Soweit Dr. Johann Georg Schnitzer.
 
Fortsetzung folgt
 
Internet
Bücher und Infos von Dr. Schnitzer:
„Bluthochdruck heilen“ (http://www.dr-schnitzer.de/bhd002.htm)
 
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