Textatelier
BLOG vom: 04.04.2010

Vom Sandwich übers Kiewer-Huhn zur Totalüberwachung

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich-Altstetten
 
Wieder gab eine S-Bahn-Fahrt eine heitere Geschichte her.
 
Mit Primo war ich auf der Strecke Zürich‒Uster unterwegs. Ab Stadelhofen setzte sich ein junger Mann zu uns ins Abteil. Das Notebook auf den Knien, ein Sandwichpaket in Händen. Hungrig biss er ins Brot und stutzte. „Was habe ich da gekauft?“ sagte er gut hörbar zu sich selbst. Wie es sich dann herausstellte, hatte er an einem Kiosk ein Sandwich aus der Rubrik „Poulet“ gewählt und war jetzt über die Konsistenz des angeblichen Hühnerfleisches erstaunt. Dieses hier hatte gar keinen Biss, war nur eine Pasta. Während er die Informationen auf der Verpackung las, kaute er weiter, war aber unsicher, ob ihm diese Nahrung zuträglich sei. Ironisch zitierte er: „Formbares Fleisch-Erzeugnis.“
 
Wir lachten. Ich dachte: Dieser Mann kennt die reelle Nahrung. Und dann ergab ein Wort das andere. Ich erinnerte mich an das „Kiewer-Huhn“ das ich in Istanbul gegessen hatte und erzählte davon. Für eine grosse Gesellschaft wurde dort Hühnerfleisch durch den Fleischwolf getrieben und zu künstlichen Pouletschenkeln portioniert. Auf diese Art musste niemand an den Knochen nagen, und alle Gäste bekamen gleichmässig viel zu essen.
 
Dann erinnerte ich mich an die Einflüsse der Astronauten-Nahrung, die für den 1. Flug zum Mond erfunden wurde. Ich habe den Namen jenes getrockneten Produktes vergessen, das wir im Wasser aufquellen liessen, es ebenfalls durch den Fleischwolf drehten und dann wie gehacktes Rindfleisch verarbeiteten. Es war auch für mich ein Experiment, aber nur für kurze Zeit. Es war mir zu künstlich, nicht lebendig. Ob sich dieses noch auf dem Markt befindet, weiss ich nicht.
 
Primo vollzog dann Gedankensprünge zu weiteren Errungenschaften und landete bei George Orwells „Grossem Bruder“, dem vermeintlich unsichtbaren Überwacher. Als wir jung waren, sprachen wir oft von der Gefahr, dass unsere Nachfahren einst sofort nach der Geburt mit einem Chip ausgerüstet würden, der die Überwachung sichere. Wir stellten uns vor, dass dieser hinter dem Ohr implantiert würde. Und heute? Hunde tragen schon solche Chips, auch Schafe. Wenn sie auch Kindern eingesetzt würden, müssten sie gar nicht mehr zur Schule. Man könnte ihnen den Schulstoff ferngesteuert eintrichtern. Und jener Mann, der vergangene Woche im Vierwaldstättersee ertrunken ist, hätte man rasch finden können. Obwohl diese Gedankenblitze nichts anderes als ein heiteres, etwas überdrehtes Gespräch und ein Pingpong sein wollten, sagte der junge Mann etwas nachdenklich, alles habe auch seine guten Seiten. Und ich fragte, wie auch schon früher, wer denn ein solches System lenken dürfte.
 
Dann war seine Fahrt zu Ende. Mit der Papierserviette wischte er noch die Oberlippe ab, lobte den Humor, dankte für die Unterhaltung und verabschiedete sich. Und an der nächsten Station waren auch wir an unserem Ziel angekommen.
 
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