Textatelier
BLOG vom: 03.09.2010

Irak-Krieg-Zwischenbilanz: Todesopfer, die nichts zählen

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
                                               
Die deutsche Presseagentur DPA berichtete am 01.09.2010: US-Präsident Barack Obama hat offiziell den Irak-Krieg der Amerikaner beendet. Zugleich zog er in einer Rede an die Nation eine bittere Bilanz über siebeneinhalb Jahre Krieg. Er gedachte der über 4400 gefallenen Amerikaner und der 32 000 Verwundeten.“ Die mindestens 100 000 umgekommenen iranischen Zivilisten, von denen der Iraq Body Count sprach, und die mindestens 12 000 getöteten irakischen Sicherheitskräfte waren dem Friedensnobelpreisträger Obama weder der Erwähnung noch des Gedenkens wert.
 
Die Zahl dürfte markant untertrieben sein. Schon für die Zeit vom März 2003 bis Juni 2006 hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO von einer hochgerechneten Opferzahl zwischen 104 000 und 223 000 gesprochen. Und laut dem britischen Forschungsinstitut ORB wurden bis Herbst 2007 etwa 1,2 Millionen Iraker getötet und 1,1 Millionen verwundet. Die gewaltige Divergenz der Opferzahlen ist ein Anzeichen dafür, dass sich eigentlich niemand die Mühe machte, das wirkliche Drama im Irak exakt zu verfolgen und dass die Weltbevölkerung durch die eingebetteten Journalisten als Sprachrohre der US-PR-Berater sehr einseitig desinformiert wurde und wird.
 
Bekannt sind die Kriegskosten, welche die USA in den 7,5 Jahren aufzubringen hatten: mehr als 1 Billion USD, „häufig finanziert mit geliehenem Geld aus dem Ausland“ (Obama). Die USA konnten sich diesen grausamen, skrupellosen Krieg, bei dem Zivilisten, von zynischen Bemerkungen von US-Soldaten begleitet, abgeknallt wurden, nicht leisten. Selbstverständlich werden die im Irak angerichteten Schäden nicht beziffert; das ist auch unmöglich. Und Obama übergab die von den Alliierten angerichteten Verwüstungen Ende August 2010 in die Hände der Iraker, möchte nichts mehr damit zu tun haben.
 
Das Land ist heute eines der unsichersten der Welt, politisch destabilisiert und ein Dorado für Terroristen, die durch den Zerstörungskrieg förmlich gezüchtet wurden. Nach der Feststellung des früheren Uno-Generalsekretärs Kofi Annan geht es der irakischen Bevölkerung jetzt schlechter als während der Diktatur Saddam Husseins. Die Taliban sind stärker denn je. Sie sind die eigentlichen Sieger dieses unsinnigen Irak-Kriegs. Die USA sind geschwächt; ihr Ansehen ist ramponiert. Ist solch eine Nation legitimiert, den globalen Führungsanspruch wahrzunehmen, von dem Obama gerade wieder sprach? Braucht und will die Welt überhaupt einen Führer, der ihr seine egoistischen Gesetze aufzwingt, sie unterjocht und ausbeutet? Die USA haben mit Abstand am meisten Atombomben, am meisten Schulden, am meisten Kriege angezettelt und verloren, ihre Schulden trickreich grossenteils auf die Welt abgeschoben. Sind das Gründe, sich aufs höchste Ross zu setzen?
 
Der vom supermächtigen George W. Bush mit mehrmaligem Hinweis auf Iraks „Massenvernichtungswaffen“ – eine US-Erfindung – eingeleitete Krieg, den Obama als beendet erklärt hat, dauert selbstverständlich an. Bei den erwähnten Zahlen geht es nur um eine Zwischenbilanz. Und alle Länder der Erde wissen nun, dass nur der eigene Besitz von Atombomben einigermassen genügend Gewähr bietet, nicht eines Tages von den USA angegriffen zu werden, falls man sich nicht freiwillig unterwirft. Nordkorea und der Iran treiben die Atombewaffnung voran, ebenfalls eine Folge der messianischen Martialität der USA, die oft von Bibelzitaten begleitet ist.
 
Am 11.09.2001 stürzten die 2 Türme des New Yorker World Trade Center ein, wobei 2979 Menschen umkamen, ein Massenmord. Und „nichts wird von nun an mehr sein, wie es einmal war", hiess es damals. Im Irak kamen mehr als 33 Mal mehr Menschen um, falls die Zahl 100 000 einigermassen stimmen sollte. Und diese grösstenteils unschuldigen Opfer zählen nicht; sie werden offiziell nicht erwähnt.
 
Zahlen sind nackt, kalt, vermögen höchstens einen vagen Hinweis auf die tatsächliche menschliche Dramatik, aber auch auf die sozialen, kulturellen und ökologischen Folgen zu geben. Es wäre ungeheuerlich, ein Kriegsgeschehen auf statistische Angaben zu reduzieren. Aber nicht einmal das gelingt in Bezug auf Opfer, die nicht der Rede wert sind ...
 
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