Textatelier
BLOG vom: 13.12.2010

Elektrosmog: Auch vom Kirchturm hoch, da komm ich her ...

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com) 
 
Vom Himmel hoch, da komm ich her.
Ich bring’ euch gute neue Mär,
Der guten Mär bring ich so viel,
Davon ich sing’n und sagen will.
 
Die oben zitierte, einzelne Strophe aus dem bekannten Weihnachtslied von Martin Luther stammt von Valentin Triller (1555). Vom Himmel hoch und tief kommt heute auch der Elektrosmog her, eine grausame Folge des unbändigen Kommunikationsbedürfnisses moderner Menschen, die ihre ganze Bekanntschaft ständig mit Geklingel stören und mit Informationsschrott zupflastern. Natürlich sind alle diese Leute innerhalb des sozialen Gefüges viel bedeutender als ich, was sich schon daraus ergibt, dass ich manchmal einen ganzen Tag lang kein Telefon- und schon gar kein Handygespräch führe.
 
So lange ich nicht betroffen bin, ist es mir egal, wie intensiv sich Kinder und Erwachsene bei fallenden Tarifen gegenseitig belästigen. Ich bin allerdings gleichwohl vom Elektrosmog in Mitleidenschaft gezogen; denn Telefonate, Internetdaten (diesbezüglich bin ich kein unbeschriebenes Blatt), Musikfernübertragungen, Unterhaltung und dergleichen reiten auf hochfrequenten, elektromagnetischen Wellen. Die Welt, die ja angeblich flächendeckend bestrahlt werden muss, wird in sogenannte Funkzellen aufgeteilt, die jeweils von ortsfesten Funksendeanlagen aus versorgt werden. Diese sind es dann, die mit Hilfe elektromagnetischer Felder mit mobilen Endgeräten, unter denen es das Handy zur grössten Berühmtheit gebracht hat, kommunizieren: Kommunikation um der Kommunikation willen.
 
Mit dem sich ständig ausweitenden Mobilfunk nimmt die Intensität der hochfrequenten magnetischen Felder zu, das heisst, dass die Strahlung immer intensiver wird, ein angesichts der biologischen Wirkungen abenteuerliches Unterfangen, ein gigantisches Menschheitsexperiment. Wenn sich die Kommunikationssucht schon nicht auf therapeutischem Wege heilen lässt, ist es klar, dass wenigstens Vorsichtsmassnahmen angezeigt sind. Ich hänge noch fest an Festnetzen, für mich eine vergleichsweise festliche Angelegenheit, weil sich die Strahlung dadurch um Grössenordnungen reduzieren lässt. Sogar an meinem Computer-Kabelsalat, der sich als Staubfänger betätigt, habe ich festgehalten, wodurch mein Gehirn kaum Schaden nimmt, was jeder Leser beim Studium meiner Blogs bestätigt findet ...
 
Eine weitere Vorsichtsmassnahme müsste zumindest darin bestehen, die Strahlenexposition durch die Funkanlagen-Fernhaltung von grossen, länger dauernden Menschenansammlungen zu verringern: Kindergärten, Schulen, Kirchen und dergleichen. Im freien Raum sinkt die Intensität der Leistungsflussdichte quadratisch mit der Entfernung.
 
Ein frommer Wunsch. Denn ausgerechnet die hohen Kirchtürme sind (wenn auch bloss aus technischer Sicht) ideale Standorte für Funksendeanlagen. Und es schien mir angesichts der kürzlich ausgebrochenen Adventszeit sinnvoll, abzuklären, welche Kirchtürme in einem besonderen Strahlenglanz in der Landschaft herumstehen. Hans-U. Jakob, Flüehli 17, CH-3150 Schwarzenburg, von der Schweizerischen Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener (www.gigaherz.ch) schien mir die gegebene Anlaufstelle zu sein. „Gibt es eine Liste der in Kirchtürmen versteckten Mobilfunkantennen?“ fragte ich ihn per E-Mail, weil es halt so bequem ist.
 
Die prompt eingetroffene Antwort: „Darüber habe ich leider kein Verzeichnis. Ich war bisher nur in 6 Kirchturmfälle involviert. Das war in Zermatt VS, Uetikon am See ZH, Versoix GE, Heiden AG, Saas-Fee VS und natürlich in Hemberg SG. Ich weiss nur, dass das immer wieder zu schweren Konflikten in den Kirchgemeinden führt. In Zermatt musste der Pfarrer gehen, in Uetikon Mitglieder des Kirchgemeinderates.
 
So etwas wie in Zermatt habe ich noch nie erlebt. Als an der Einspracheverhandlung der Gemeindepräsident bekannt gab, dass der Pfarrer den Hut genommen habe, haben die Anwesenden 50 Leute laut und lange applaudiert. Es war der Pfarrer, welcher den Mietvertrag mit Swisscom unterschrieben hatte. Angeblich rechtsgültig. Offenbar hat der Pfarrer das gesundheitlich nicht verkraftet und ist einige (18 ?) Monate später an Krebs gestorben.
 
Im Kanton Bern hat der Synodalrat die Kirchgemeinden angeblich vor solchen Konflikten schriftlich gewarnt. Näheres darüber ist mir nicht bekannt. Mehr kann ich Ihnen darüber auch nicht berichten.“
 
Herr Jakob fügte die entsprechenden Links zu Internetseiten an, deren Aufruf zu vielen Erkenntnissen aus dem tragikomischen Bereich führt:
 
Als beispielsweise in Heiden im Juli 2005 die Antenne zu strahlen begann, hielten es das Pfarrehepaar und die Singvögel im nahen Pfarrhaus nicht mehr aus, woraus sich übrigens auch der Wertverlust von Gebäuden in der Nähe von Funkmasten ganz im Allgemeinen erklärt. In Zermatt läutete die funkende Antenne umfangreiche Gerichtsverfahren ein, was den Walliser Regierungsrat im November 2005 dazu bewog, den weiteren UMTS-Ausbau zu stoppen. Beim UMTS handelt es sich um das Universal Mobile Telecommunication System, eine breitbandige Übertragung, geeignet für grosse Datenmengen.
 
Wahrscheinlich ist die Auflistung der Mobilfunkantennen in Kirchtürmen unvollständig, wie aus einem Schreiben eines Sigristen aus der Innerschweiz an Gigaherz hervorgeht: „In der Schweiz gibt es immer mehr reformierte und katholische Kirchen, in deren Glockenturm eine Mobilfunkantenne installiert wurde.“ Mein Gratistip: Es ist zu empfehlen, vor dem Absingen des Halleluja in Kirchenschiffen zuerst einmal bei Gemeinde und Kirchenpflege nachzufragen, ob die Lobpreisung gerechtfertigt sei oder man sich in der Kirche in einem Strahlenmeer befinde, das einen beschleunigt dem Gottesreich bzw. der Hölle entgegenführt, oder ob ein Aufenthalt im Stall zu Bethlehem sicherer wäre.
 
Freuet euch, ihr Christen, alle, einschliesslich der besonders intensiv bestrahlten, die einen Heiligenschein verpasst erhielten: das Symbol für Erleuchtete.
 
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