Textatelier
BLOG vom: 07.03.2011

Kater, Katzenjammer: Tipps gegen Brummschädel, Übelkeit

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Heute ist der süsse Rausch verflogen; der Katzenjammer ist geblieben. Der Katzenjammer! (…)“
(Friedrich Schlögl, Auszug aus dem Gedicht „Aschermittwoch“)
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Als ich am 04.03.2011 die „Hirsch-Apotheke“ in Schopfheim D aufsuchte, sah ich gelbe und hellblaue Handzettel mit der Aufschrift „Na, schön gefeiert?“ Auf diesem Blatt waren einige Rezepte für den Umgang mit einem „Kater“ bzw. Hangover, der sich unweigerlich nach einem Saufgelage am nächsten Morgen bemerkbar macht, aufgeführt. Die Infos dienten wohl für die Fasnächtler bzw. Karnevalisten, die während der tollen Tage, die sich von der Weiberfasnacht am Donnerstag bis Aschermittwoch erstrecken, dem Alkoholgenuss frönen und dann ihren Rausch mit einem Kater bezahlen müssen.
 
Als Kater oder Katzenjammer bezeichnet man umgangssprachlich die negativen Folgen einer leichten Alkoholvergiftung. Jeder Mensch reagiert anders. Die einen vertragen mehr und die anderen weniger Alkohol. Es gibt sogar hartnäckige Kater, die bis zu 3 Tage dauern können.
 
Neugierig, wie ein Blogger einmal sein muss, befasste ich mich mit der Entstehung eines Katers. Tipps zur Verhinderung oder Abmilderung der auftretenden Symptome folgen im Anschluss.
 
Einen Kater erlebte ich einmal während unserer Bundeswehrzeit in Lagerlechfeld in Bayern. Damals wurde an einem schönen Abend in der Kantine einer über den Durst getrunken. Wir tranken alles durcheinander. Zum Glück war ich nicht so betrunken, so dass ich mein Bett noch aufsuchen konnte. Im Bett drehte sich dann alles. Ich dachte, ich wäre in einem Schiff auf hoher See. Andere Kameraden hatten Schwierigkeiten, ihr Schlafgemach zu finden. Sie mussten dann von noch nicht so herumtorkelnden Kollegen geführt werden. Einer war so blau, dass er eine kalte Dusche bekam.
 
Am nächsten Morgen zeigten sich bei mir die typischen Katersymptome: Brummkopf, flaues Gefühl im Magen, allgemeines Unwohlsein. Andere wurden noch mehr gebeutelt. Sie erbrachen sich, hatten Kopfschmerzen („Hilfe, mein Kopf zerspringt“), Konzentrationsschwierigkeiten und waren mit der Stimmung ganz unten. Bei einigen rumorte es in den Gedärmen. Sie sassen dann längere Zeit auf der Toilette.
 
In den Gesichtern der Alkoholkonsumenten war am Morgen eine verdächtige Blässe zu bemerken. Auch hatten die Burschen längere Zeit keinen Appetit mehr.
 
Kater, Katzenjammer, Katerfrühstück
Der Kater nach einer durchzechten Nacht ist laut dem Werk „Deutsche Redensarten – und was dahinter steckt“ eine Verkürzung des Wortes „Katzenjammer“. Früher hiess dieser verständlicherweise „Kotzenjammer“. Am nächsten Morgen kommt das „Katerfrühstück“. Manche Leute behaupteten, man solle zum Katerfrühstück das alkoholische Getränk weiter trinken, das man am Vorabend konsumiert hatte. Aber das ist in der Tat eine „Kateridee“.
 
Manche meiner Bundeswehr-Kameraden haben das praktiziert. Erstaunlicherweise trank ein Arztsohn am Abend am meisten, und er führte sich am nächsten Morgen eine kleine Menge Alkohol zu, um, wie er sagte, den Kater zu vertreiben und um sich wohl zu fühlen. Wahrscheinlich brauchte der Bursche, der oft einen über den Durst trank, einen gewissen Alkoholspiegel im Blut.
 
Emil Baschnonga hat in seinem Blog vom 28.02.2006 ([1] Nil mirari – oder: „Die Auferstehung der Dame“) amüsante Leseblüten aus dem Werk von Paula von Reznicek gebracht. Über das Mitternachtssouper, gefolgt von einem Katerfrühstück, war dies zu lesen:
 
„Kommt die Gnädige etwa in St. Moritz oder anderswo vom Apachenball um 2 Uhr morgens nach Hause, ist ein Mitternachtssouper mit sehr viel Sekt de rigueur (unerlässlich) und bereits angerichtet. Anderntags um die Mittagszeit wird das ,Katerfrühstück’, natürlich mit Sekt, serviert.“
 
Das wird auch heute noch von den Reichen, Superreichen und weniger Reichen praktiziert. In diversen Fernsehbeiträgen aus St. Moritz GR, Davos GR und anderswo ist oft ein Sektfrühstück mit oder ohne Orangensaft obligatorisch.
 
Ursachen eines Katers
Kopfschmerzen nach Alkoholgenuss entstehen durch Dehydratation des Körpers. Durch den Alkohol bedingt, wird mehr Wasser aus dem Körper ausgeschieden als getrunken. Wer beispielsweise 50 g Alkohol in 250 ml Wasser konsumiert, der verliert durch die Ausscheidung zwischen 600 und 1000 ml Wasser (Montrastruc, 1986).
 
Ferner bilden sich beim Alkoholabbau in der Leber das giftige Acetaldehyd und Abbauprodukte der Fuselalkohole. Diese führen zu einer verminderten Herzleistung und zu einer nicht ausreichenden Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Die Kopfschmerzen werden noch verstärkt, wenn der Alkoholkonsument raucht.
 
Entscheidend ist auch, was man trinkt. In etlichen alkoholischen Getränken können Fuselalkohole (Butanol, Hexanol, Isoamylalkohol, Isobutylalkohol, Pentanol, Propanol) enthalten sein. Sie entstehen bei der alkoholischen Gärung als Nebenprodukt des Hefestoffwechsels. Weizenbiere und Pilsner Biere weisen am meisten Fuselalkohole auf. Im alkoholfreien Bier sind die Fuselalkohole nur in Spuren vorhanden. Unter www.braukultur.de können Sie den jeweiligen Gehalt an Fuselalkoholen in Getränken in mg/Liter nachlesen.
 
Bei der Destillation von Spirituosen werden die Fuselalkohole im „Vorlauf“ abgetrennt, wenn alles gut geht.
 
Rezepte gegen den Kater
Es wird empfohlen, während des Alkoholkonsums reichlich Wasser und vor dem Schlafengehen Mineralwasser zu trinken. Fetthaltige Speisen sind erwünscht, wenn Alkohol getrunken wird. Fett verlangsamt die Resorption von Alkohol. Der Körper hat dann mehr Zeit, den Alkohol durch die Alkoholdehydrogenase abzubauen.
 
Persönlich würde ich auch für eine reichliche Magnesiumzufuhr sorgen. Übermässiger Alkoholkonsum bedingt nämlich eine vermehrte Magnesiumausscheidung über den Urin. Mit magnesiumreichem Mineralwasser (über 100 mg/Liter) kann man den „Kater“ nach einem promillereichen Abend abmildern. Ich würde auch Gemüse- oder Obstsäfte oder eventuell einen Kräutertee (Melisse, Kamille, Pfefferminze) am nächsten Morgen empfehlen.
 
Im Umlauf sind auch etliche Hausmittel, deren Erfolge nicht wissenschaftlich nachgewiesen wurden. Folgende werden zur Prophylaxe des Katers empfohlen: Einnahme von Olivenöl zum Alkohol (Russland), Trinken von Gurkenwasser, Essen von Essiggurken oder sauren Heringen (Rollmops), gebratener Speck, gebratene Eier, gebratene Würstchen und Pilze (Ulster Fry in Nordirland), fetthaltige Salami in Lateinamerika, Einnahme von verbranntem Toast (USA). In Gebrauch sind auch etliche Pflanzenpräparate oder Vitaminkombinationen. Informationen dazu im Newsletter VII vom Juli 2006 der Stiftung Alkoholforschung (siehe Adresse am Schluss).
 
In Schopfheim und anderen Hochburgen der Alemannischen Fasnacht (Fasnet) findet am Aschermittwoch das traditionelle Heringsessen in einer Wirtschaft statt. Da können die Verkaterten wieder in Form gebracht werden.
 
In Studien konnte durch Aufnahme von Linolensäure, Borretsch, Artischockenextrakt, getrockneter Hefeextrakt, Fruktose usw. kein Effekt nachgewiesen werden.
 
Die beste Methode, um einen Kater zu verhindern, ist die moderate Zufuhr von Alkohol. Walter Hess schrieb mir dazu dies: „Ich trinke gern Wein und auch einmal eine Spirituose, doch niemals so viel, dass ich am anderen Morgen ein spezielles Frühstück brauchen würde. Bier, Wein und am Ende einen Schnaps (,„Verdauerli’) geniesse ich nur im Zusammenhang mit einem Essen. Ich esse und trinke sehr bewusst. Zudem begleite ich das Trinken von Alkoholika immer mit einem grossen Wasserkonsum. So kann es nie zu einem Brummschädel kommen. Wenn der Magen aus irgendwelchen Gründen entgleist ist, beschränke ich mich auf Wasser, bis alles in Ordnung ist. Bei Vergiftungen, zum Beispiel im Ausland, nehme ich Aktivkohle oder einen Gin.“
 
Globuli für Kater-Opfer
In der eingangs erwähnten Schrift der „Hirsch-Apotheke“ werden folgende homöopathische Medikamente empfohlen:
 
Kopfschmerzen (wenn der „Kopf zerspringt“): Gelsemium D6. Der Gift- oder Falsche-Jasmin hilft nicht nur bei Kopfschmerzen und Benommenheit, sondern auch, wenn man einen starken Nachdurst verspürt und zittrig ist. Das Medikament ist ein Fieber- und Beruhigungsmittel. Amerikanische Ärzte verordnen Gelsemium bei allen Formen der Hysterie.
 
Übelkeit („Mir ist übel“): Carbo vegetabilis D6 (Holzkohle). Hilfreich bei Sodbrennen, Aufstossen, Magenschleimhautentzündung, Blähungen, schwachem Kreislauf und Mundgeruch.
 
Riesenkater („Mir geht es einfach miserabel“): „Nux vomica D6“, die Brechnuss wirkt gegen anfallsartige Kopfschmerzen, Brechübelkeit, alkoholbedingte Magenschleimhautentzündung, Blähungen.
 
Darmprobleme („Mein Darm rumort“): Okoubaka D3 (Rinde eines afrikanischen Baums), wirksam bei Durchfall, Vergiftungen.
 
Schwächegefühl, Erschöpfung: Acidum phosphoricum D6 (schafft neue Energie), homöopathisches Kombinationsmittel „Manula“ (enthält u. a. die mittelamerikanische Heilpflanze Damiana).
 
Weitere Tipps
Kaktusfeigensaft:.Bereits 2004 publizierten US-Forscher in einer doppelblinden placebokontrollierten Studie den Effekt von Kaktusfeigenextrakt auf den durch Alkohol verursachten Kater. Placebo und der entsprechende Extrakt wurden 5 Stunden vor dem Alkoholkonsum (1,75 g Alkohol pro Kilogramm Körpergewicht) 2 Probandengruppen verabreicht. Am nächsten Morgen wurden die Symptome registriert. 3 von 9 Symptomen, Brechreiz/Übelkeit, Mundtrockenheit und Appetitlosigkeit wurden bei Gabe von Kaktusfeigenextrakt signifikant reduziert. Alle Konsumenten, die die Kaktusfeigenzubereitung aufnahmen, hatten weniger unter einem „Kater“ zu leiden. Diese und noch andere Wirkungen des Kaktusfeigensaftes erwähnte ich auch in meinem Blog vom 20.12.2010: Feigenkaktus-Früchte: Energiespender und Radikalfänger.
 
Ingwer: Ingwer führt zur Dämpfung des vegetativen Nervensystems, Beruhigung des Magendarmtrakts. Die Übelkeit kann so zurückgedrängt werden.
 
Pfefferminzöl: Bei Kopfschmerzen mehrmals täglich 1‒2 Tropfen auf Schläfen und Nacken auftragen und leicht einmassieren.  Es hilft auch bei Verdauungsbeschwerden, Aufstossen, Blähungen. 1‒2 Tropfen Öl mit etwas Wasser, Tee oder Fruchtsaft mischen und mehrmals täglich einnehmen.
 
Olbas-Tropfen: In den Tropfen sind folgende Wirkstoffe: Pfefferminzöl, Cajeputöl, Eucalyptusöl, Wacholderbeeröl und Gaultheriaöl (www.olbas.de). Persönlich nehme ich diese Tropfen nicht nur bei einem Brummschädel, sondern auch bei Erkältung, Husten, Heiserkeit, Schnupfen, Katarrh, Erschöpfung, Leibschmerzen, nervösen Magenschmerzen, Darmkatarrh ein.
 
Innerliche Anwendung: 3-mal täglich 3‒4 Tropfen auf Zucker oder in etwas lauwarmem Wasser einnehmen. 2‒4 Tropfen mit heissem Wasser inhalieren, mit 3-4 Tropfen in lauwarmem Wasser gurgeln.
 
Äusserliche Anwendung: Als Einreibung 2‒4-mal täglich 5‒15 Tropfen auf die Haut auftragen und verreiben. Bei feuchtkalten Umschlägen einige Tropfen dem Umschlagwasser zusetzen (Kompresse auf die Stirn auflegen).
 
Die gute Wirkung kann ich vollauf bestätigen. Warum immer zu Kopfschmerztabletten greifen, wenn es natürliche Mittel gibt. Vorsicht: Die Öle nicht in Kontakt mit Schleimhäuten und Augen bringen.
 
Nun können wir hoffen, dass diese Mittel bei unseren alkoholumsäuselten Fasnächtler anschlagen und sie weniger mit einem Kater zutun haben.
 
Persönlich meide ich nach den Erfahrungen bei der Bundeswehr Alkoholexzesse. Für mich kommt nur ein moderater Alkoholgenuss in Frage. Und wenn ich einmal zu mehr Alkohol in Gesellschaft verführt werde, dann weiss ich nun, was gegen einen Kater hilft.
 
Internet
 
Literatur
Kreuter, Josef, Heinrich: „Homöopathie: Die sanfte Art des Heilens“, Falken-Verlag, Niedernhausen/Taunus 1989.
Krüger-Lorenzen, Kurt: „Deutsche Redensarten – und was dahinter steckt“, VMA-Verlag, Wiesbaden 1960.
Scholz, Heinz: „Sanft heilen mit Naturmedizin“, Midena-Verlag, Rombach/Aarau 1990.
Scholz, Heinz: „Mineralstoffe und Spurenelemente“, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1996.
 
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