Textatelier
BLOG vom: 26.10.2012

Wanderungen, Gedanken: Erkenntnisfähigkeit erweitern

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Wanderungen bedürfen der Ziele – Wege, die zu Aussichten führen, zu Städten, auch zu Gaststätten, die den ermüdeten Wanderer erfrischen. Als junger Bursche zog ich mit der Botanisierbüchse in die heimatlichen Berge. Die Alpenflora war damals mein Ziel.
 
Dieser 1. Phase folgten während rund 40 Jahren viele geschäftliche Zielorte. Immer wieder verknüpfte ich berufliche Treffen mit Städtebesuchen im Umfeld. Diese sind mir in der Erinnerung haften geblieben, währenddem die Geschäftsbesuche, kaum abverdient, rasch verblassten.
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Heute, in der 3. Phase meines Lebens, gilt meine Vorliebe, intensiver als zuvor, den Gedankengängen, angekurbelt und vermischt mit mannigfaltigen Zielen, teils vom Zufall bestimmt, teils von einer Absicht, einem Anliegen getragen, mich über bestimmte Themen schriftlich zu äussern.
 
Ohne Raster, der das weite Tummelfeld aufteilt und einschränkt, verliert, verirrt man sich leicht zu Zielen, wo wir nichts zu suchen haben, weil sie ausserhalb unserer Fähigkeiten liegen. Was den engeren Radius meiner Beobachtungsgabe überschreitet, meide ich tunlichst. Ich verlasse mich dabei auf meine Intuition, die mich im Zaum hält.
 
Dennoch gilt es, auch seine Erkenntnisfähigkeit zu erweitern. Das bedingt Studien, die man in anverwandten Wissensbereichen (etwa in der Kunstgeschichte und Malerei) vorantreibt. Damit erschliesst man sich neue Gedankengänge und gewinnt neue Einsichten.
 
Solche Einsichten ermöglichen Gedankenübergänge. Der Wanderer entdeckt einen neuen Weg, abseits der zuvor begangenen Wege. Er trägt zur Wanderlust bei.
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Wer sich in der Natur ergeht, stellt fest, dass die wechselnden Jahreszeiten die Landschaft verändern. Vor Kurzem entdeckte ich in meiner Sammlung das Gemälde, das eine bretonische Landschaft entlang eines bewaldeten Küstenstrichs in der Abenddämmerung im Spätherbst zeigt. Unbeachtet lag es vergessen zwischen anderen eingerahmten Bildern in einem Wandschrank.
 
Was hat mich bewogen, diese triste Landschaft vor rund 25 Jahren in Paris zu kaufen? Erst jetzt, wo ich es eingehend betrachte, entdecke ich seinen Reiz. Blass hängt die untergehende Sonne im halbwegs vom aufsteigenden Nebel verschleierten Himmel. Das Meer in einer Bucht spiegelt in abflauender Helle das gedämpfte Sonnenlicht. Im Schattenwurf des Hintergrunds reckt sich eine Kathedrale hoch, schon halb von der anbrechenden Nacht beschattet. Im Vordergrund ist ein Boot an einen Steg gebunden. Wie lange Ruten zäumen schlanke, weitgehend entlaubte Bäume den Küstenweg. Dazwischen wandern 3 Gestalten mir zu, 2 Bretoninnen mit weissen Hauben, gefolgt von einem Mann, vom Maler wie ein Nachgedanke eingefügt.
 
Dieses impressionistisch anmutende Gemälde erweckt Gedankenverbindungen, die keiner Beschreibung bedürfen und meine heutige Wanderung beschliessen.
 
Ein weiteres Wanderblog von Emil Baschnonga
 
 
 
 
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