Textatelier
BLOG vom: 12.01.2015

Charlie Hebdo: Wie ein Attentat zur Staatsaffäre wurde

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
 
 
Eine junge Dame, mit der ich über die Attentate bei Charlie Hebdo in Paris sprach, meinte, die Medien machten daraus eine Aktion, die masslos übertrieben sei. Die Getöteten und Verletzten sind zu betrauern, zweifellos. Aber Medien und Regierungen machen daraus tatsächlich eine aufgebauschte Staatsaffäre; die so gelobte Solidarität für die angebliche Pressefreiheit ist medienwirksam in Szene gesetzt worden. Politiker versprechen sich einen Nutzen davon, schliesslich wollen sie die Gunst des Volks erringen und wiedergewählt werden.
 
Viele Menschen sind auf die Strasse gegangen. Die Verbundenheitsbekundungen werden unter der Metapher „Je suis Charlie“ abgehalten. Genau so wenig, wie alle diejenigen, die diese Aussage als Schriftzug mit sich führen, „Charlie“ sind, genau so wenig identifizieren sie sich mit „Charlie“. Wahrscheinlich haben sich die wenigsten von ihnen überhaupt Gedanken darüber gemacht, ob es eine Pressefreiheit in Frankreich oder in Europa oder in den USA überhaupt gibt.
 
Meines Erachtens ist die angebliche Begründung für die Untaten durch die Attentäter, durch die Karikaturen sei Mohammed lächerlich gemacht worden, ein vorgeschobener Grund. Jeder Mörder rechtfertigt seine Tat auf irgendeine Weise. Dennoch bleibt es ein Gewaltakt, und ein Mord ist und bleibt ein Verbrechen. Es geht hier darum, dass kranke, manipulierte Gehirne sie zum Morden angeleitet haben, einzig allein deshalb, weil Macht ausgeübt werden soll. Die angeblichen Gründe dafür sind nicht relevant, relevant ist das Vergehen gegen die Menschlichkeit, gegen Gesetze und das Recht jedes Einzelnen auf Unversehrtheit.
 
Die Reaktionen, die wir in den letzten Tagen erlebt haben, unterstützen die Drahtzieher in ihrer Absicht: Wenn sie solch einen Protest mittels der Taten von 3 unter ihrem Einfluss stehenden Tätern hervorrufen können, haben sie mit dem geringsten Aufwand den für ihre Zwecke grössten Nutzen hinsichtlich von Aufmerksamkeit erzielt.
 
Attentate mit oft einer Vielzahl von Toten werden in den Krisen- und Kriegsgebieten fast täglich begangen, ohne dass die ansässige Bevölkerung, geschweige denn die Regierungen der Länder, sich darum kümmern. Die Attentate sind grausam, reissen neben den Attentätern viele Unschuldige in den Tod, aber führen selten zu effektiven Gegenmassnahmen, werden oftmals nicht aufgeklärt und dienen schon gar nicht als Grund zu weltweiten Protesten.
 
Aus der Sicht der Drahtzieher sind also Attentate in den Industrieländern „sinnvoller“, weil medienwirksamer. Ich bin überzeugt, dass sich daraus weitere Bedrohungen und Attentate ergeben werden. Je grösser die Medienwirksamkeit, desto mächtiger fühlen sich die Hintermänner.
 
Die staatlichen Institutionen, vor allem die Kriminalpolizei und der Verfassungsschutz, sollten ganz einfach ihre Arbeit machen und die Täter überführen. Diese sind dann als Mörder anzuklagen und zu verurteilen, wie bei jedem anderen Kapitalverbrechen auch. Vorverurteilungen sind innerhalb der Rechtsstaatlichkeit unstatthaft.
 
Sinnvoll wäre eine simple Aufklärung der Taten mit kriminalistischen Mitteln, nicht ein Protest, der ein Allmachtsgefühl bei den Kriminellen erzeugt. Es wurde gegen Gesetze verstossen, und das ist aufzuklären, bevor die Beteiligten vor Gericht verurteilt werden können.
 
Je grösser der Aufmerksamkeitseffekt, desto machtvoller fühlen sich die Täter, bis hin zum Allmachtswahn. Das wurde wieder einmal übersehen.
 
Bekämpft sie als gewöhnliche Verbrecher, die sich von anderen Mördern nicht unterscheiden! Lasst die überführten und rechtmässig verurteilten Täter in den Gefängnissen zu Kriminellen werden, die es nicht verdienen, weiter beachtet zu werden. Sie haben gegen Menschlichkeit und Gesetze verstossen, und es lohnt nicht, dass man sich mit ihnen weiter beschäftigt.
 
Die Aussicht, in Vergessenheit zu geraten, ist vielleicht viel abschreckender als die Aussicht, im medialen Bewusstsein zu bleiben. Macht die Täter zu unbedeutenden Kreaturen: überflüssig, sich weiter Gedanken über sie zu verlieren. Die Staatsorgane sollen Taten exakt aufklären, aber nicht Taten verklären. Kapitalverbrechen sind mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu ahnden.
 
 
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