Textatelier
BLOG vom: 23.04.2015

Der Zickzack-Kurs des Weltgeschehens: Desorientierung

 
Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
 
 
Ich nehme für mich in Anspruch, das Weltgeschehen im Kleinen und Grossen recht gut zu verfolgen, lese Sachbücher, die mir geschichtliche Hintergründe und aktuelle Abläufe im Detail aufzeigen, nutze Fernsehsendungen, etwa solche von „arte“, und BR, die Substanz bieten, sodann Dokumentationen von n-tv, höre Nachrichten von verschiedenen TV- und Radio-Stationen – und zwar nicht nur westliche, die verbreiten, was ihnen US-hörige PR- und Manipulationsagenturen zum Frass und zum Wiederkäuen vorgesetzt haben. Zudem blättere ich im Nachhinein Zeitungen und Zeitschriften durch, und es kann durchaus vorkommen, dass ich darin auf den einen oder anderen Artikel stosse, den ich als lesenswert empfinde. Abgerundet wird diese Informationensammlung durch Einblicke in die Instant-Sozialmedien Twitter und Facebook, die mich oft in Sphären entführen, zu denen ich sonst kaum Zugang hätte. Oft wird darin über etwas berichtet, das die Hobby-Berichterstatter selber erlebt haben. Und gegen eine Unterhaltung, Fotos und Karikaturen und die Entführung in die Welt der schönen Künste habe ich nichts einzuwenden. Gründe, um herzhaft lachen zu können, sind jederzeit willkommen.
 
Aus alledem und in Verbindung mit dem während Jahrzehnten angehäuften Wissen aus verschiedenen Redaktionsbüros und eigener Erfahrungen aus dem Privatleben entwickeln sich in meinem Kopf Bilder. Ich weiss, dass sie nicht hundertprozentig zutreffen können, da viele Elemente nie das Licht der Öffentlichkeit sehen, man es also immer mit Fragmenten zu tun hat. Und deshalb unterziehe ich sie einer laufenden Politur und Korrektur, was allein schon durch den Zeitenlauf mit seinem evolutionären und menschengemachten Veränderungspotenzial erzwungen wird.
 
Dabei erlebe ich immer wieder abrupte, durch keine markanten äusseren Kehrtwendungen veranlasste Austausche von scheinbar feststehenden Bildern. Ein Beispiel: Während Monaten wurde uns vorgeschwärmt, wie gut es der US-amerikanischen Wirtschaft gehe, welcher Aufwind sie verspüre und wie sie die Arbeitslosenzahlen zum Schmelzen bringe. Die Frostphase war einmal. Doch dem amerikanischen Frühling machte im März 2015 gleichwohl ein plötzlicher Frosteinfall zu schaffen. Plötzlich las man alles ganz anders. Die US-Hochkonjunktur – wo war sie nur geblieben? Sie war offenbar nur eine Chimäre (ein Trugbild) mit ihrer Vergänglichkeit gewesen. Die immer neuen Schweine, die medial durchs Dorf getrieben werden, kommen einmal von dieser und dann unverhofft wieder von der entgegengesetzten Seite, bevor sie sich im Nirwana auflösen.
 
Ein weiteres Beispiel, das ins gleiche Kapitel gehört, sind die Straf- und Niederhaltungsaktionen der USA gegen das als Feindbild wahrgenommene Russland, das Abwehrmassnahmen gegen die Zudringlichkeiten und Provokationen vonseiten der US-beherrschten und weitgehend von Europa finanzierten Kriegstruppe namens Nato einzuleiten die Frechheit hatte. Man tut so, als ob alle Provokationen von dieser Seite ausgehen würden. Mit Sanktionen, die insbesondere die debilen US-Vasallen in Europa durchzuziehen haben, solle das selbstbewusste Russland gebodigt werden. Im Gegenzug stoppte Wladimir Putin die Einfuhr von Landwirtschaftsprodukten aus der Sanktionsgemeinschaft EU nach Russland, das andere Märkte anzapfte und vermehrt auf Eigenproduktion setzte. Die EU löste das Leiden der betroffenen Bauern, die auf ihren Produkten sitzen blieben, so, dass darüber tunlichst nicht berichtet wurde. Die Finanzmärkte dreschten auf Russland ein, liessen keinen schädigenden Trick aus, und es sah nach westlicher Wahrnehmung so aus, als würde Russland nach dem sich nahenden Staatsbankrot in Armut versinken. Die amerikanischen Ratingagenturen, die willfährige Werkzeuge der US-(Finanz-)Politik sind und sich selbst erfüllende Fantasien von sich geben, stuften, die Stimmung anheizend, russische Papiere gnadenlos auf Schrott herunter, ein Rufmord aus erlauchtem Munde, wie in solchen Fällen üblich.
 
Und plötzlich, in der 1. Hälfte des April 2015, erstrahlte der russische Rubel auf Hochglanz, ohne dass jemand das vorgesehen hatte und erklären konnte. Er hatte mehr zugelegt als andere Währungen. Alle Marktteilnehmer waren auf eine Stimmungsmache hereingefallen, bis der Herdentrieb seine Kraft verloren hatte und vorerst einige wenige Schafe und Esel (diese ehrenwerten Tiergattungen mögen mir vergeben) aus der Herde ausbrachen, weil sich diese verrannt hatte. Die Medien hüllten sich bei wenigen Ausnahmen in Schweigen. Auf Webseite sharewise http://www.de.sharewise.com/finanznachrichten/107843-_-huesi61
stand am 13.04.2015 zu lesen (einige Ungenauigkeiten habe ich ausgemerzt):
 
„Seit Anfang Februar 2015 hat der Rubel gegenüber dem US-Dollar rund 25 Prozent an Wert gewonnen. Auch am Montag (13.04.) setzte der Rubel seinen Erholungskurs fort (...). Statt 70 Rubel wie noch Ende Januar 2015 kostete ein US-Dollar am Montag damit weniger als 53 Rubel (im Bericht wurden Rubel mit Dollars verwechselt). Noch deutlicher sind die Kursgewinne gegenüber dem Euro. Seit dem Tiefstand von Mitte Dezember hat der Rubel um rund 35 Prozent an Wert zugelegt. Für einen Euro mussten am Montag rund 55 Rubel bezahlt werden.“
 
Meldungen, die der Westpolitik und dem mit ihr verbundenen Medienmainstream nicht in den Kram passen, sind schwer aufzutreiben. So wurde noch am Montagabend, 13.04.2015, von SRF1 in der ECO-Sendung über Novosibirsk als russischer Standort des Schweizer Spindel-Herstellers Fischer über den tiefen Fall des Rubels gejammert, und auch in der An-und Absage von Reto Lipp wurde die Rubel-Erholung, die auch/gerade ihm bekannt sein musste, nicht einmal angetönt.
 
Aus den kleinen Informationswelt-Veränderungen stechen die grossen besonders deutlich hervor. So kreieren die USA Freunde und Feinde ganz nach ihren persönlichen, momentanen Bedürfnissen, und manchmal wechseln sie von einem Tag auf den anderen ihre Rolle im grossen US-Theater. Weil dieses Land in total völkerrechtswidriger Art seine Gesetze der übrigen Welt aufzwingt, haben dessen Einstufungen globale Auswirkungen. So wurde nun das während Jahrzehnten niedergehaltene, an den Rand des Ruins getriebene Kuba plötzlich vom Feind zum Freund der USA, und jetzt wissen alle, auch wir mitlaufenden, angeblich neutralen Schweizer, dass wir uns endlich wieder mit Kuba handelspolitisch einlassen dürfen. Das kindische Verhalten des mit brachialer Gewalt anerzogenen Verhaltensmusters hat System.
 
Kontinuität und Vertrauen in die Politikerkaste sind gestorben. Man weiss nicht mehr, woran man ist – und wie lange man woran ist. Wie im Gefolge der von den USA eingeleiteten und geförderten Kriege, die neben den kulturellen Werten auch alle politischen Strukturen zerschlagen haben, blüht unter solchen Vorbedingungen der Wildwuchs auf. Aus den Trümmern des menschlichen Elends wächst der Terrorismus heraus, der als willkommenes Argument zur Totalüberwachung der Menschheit dient. Und die Menschen meinen, es geschehe ihnen Gutes, und die Überwachung sei kein Problem, wenn immer man bloss eine saubere Weste habe. Bis sie dann merken, dass die Überwachung nicht ihrem Schutz, sondern ihrer Ausbeutung dient. Die Sauberkeit der Weste spielt dann keine Rolle mehr.
 
Auch diesbezüglich wird die Weltöffentlichkeit mit verwirrlichen Methoden gegängelt. Und möglicherweise ist die Desinformation mit dem Ziel der Desorientierung ein strategisches Mittel, um die verunsicherten modernen Menschen zu gängeln und zu missbrauchen. Sie sollen gute Gefühle haben, sich auf Plätzen der Massenvergnügen lustvoll austoben und nicht erkennen, was mit ihnen geschieht.
 
Fernsehstationen bolzen mit der Suche nach dem grössten nationalen Gesangstalent Quote. Sie finden bei einem, der ein Liedchen singt, und nicht etwa dort, wo eine Geistesgrösse einen lebenswichtigen, begründeten Warnruf erschallen lässt, ihren Schwerpunkt. Abweichende kritische Geister werden mit Verachtung bestraft.
 
 
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