Weltweite Rettung von seltenen Orchideen
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

  
Damit die Schönheiten der Pflanzenwelt nicht Raritäten werden, sind weltweit Bestrebungen im Gange, besonders gefährdete und fast ausgestorbene Orchideen und auch andere Wildpflanzen zu retten. In diesem Blog richte ich die Blicke nach Taiwan, Grossbritannien und Montserrat. Nicht nur dort sind Rettungsmassnahmen für die Pflanzenwelt im Gange, sondern inzwischen in anderen Ländern.
1975 trat das Washingtoner Artenschutzprogramm (CITES)  in Kraft, das bisher 183 Länder (Stand 2016) unterzeichnet haben. Auch internationale  Umweltschutzgipfel wurden abgehalten. So wurde beispielsweise 1992 in Rio u.a.  eine Übereinkunft über die biologische Vielfalt (Biodiversitäts-Konvention)  beschlossen. Ob das immer hilft, ist fraglich. So nannte 2006 die  Weltnaturschutzunion (IUCN) 8393 der insgesamt 313 655 Pflanzenarten vom  Aussterben bedroht. Die IUCN erstellt die Rote Liste gefährdeter Arten und  katalogisiert Schutzgebiete.
 Auch leisten Botanische Gärten von heute bei der Pflanzenrettung  einen wichtigen Beitrag.
Blick nach Taiwan
   Ein Pflanzenzentrum in Taiwan (Cecilia Koo Botanic  Conservation Center = KBCC) bewahrt 35 000 Gewächse aus aller Welt auf. Dies  ist für den Artenerhalt von grosser Bedeutung. Nach Schätzungen von  Wissenschaftlern der KBCC verschwinden bis 2050 ein Viertel und bis 2100 die  Hälfte aller heute existierenden Pflanzenarten.
   Beispiel einer Orchideen-Rettung: 2010 wurde Eria  gagnepainii als Orchideenart klassifiziert. Es gab nur ein einziges  Exemplar. Die Wissenschaftler sind dabei diese zu stabilisieren und zu  vermehren. „Wir hoffen, dass wir sie in ihrem natürlichen Lebensraum  aussetzen können“, sagte Chun-Ming Chen vom KBCC.
Blick nach Großbritannien 
   In viktorianischer Zeit wurde der Gelbe Frauenschuh  durch Sammler stark dezimiert. In unserer Zeit gab es nur noch ein einziges  Exemplar in freier Wildbahn. Es gelang nach mehreren Versuchen den Samen zum  Keimen zu bringen. Aber das gelang zunächst im Kew Gardens nicht. Da hatte ein  schwedischer Orchideenzüchter und Kinderarzt eine grandiose Idee. Er brachte  die Samen durch Kultur in einer Nährlösung, die bei Frühgeburten verwendet  wurde, zum Keimen. Das Ergebnis war ein 100iger Erfolg.  Inzwischen gelang es durch Mikrovermehrung  des Londoner Kew Gardens mehrere 100 Exemplare herzustellen. Man hofft durch  dieses Verfahren weitere Orchideen zu retten.
Infos: Kew Gardens (Royal Botanic Gardens) im Süden von London bestehen aus grossen Parkanlagen (u. a. mit alten Rhododendrongewächsen) und Gewächshäusern mit vielen exotischen Pflanzen aus aller Welt. Der Kew Gardens setzt sich heute intensiv für den Umweltschutz ein und erforscht die Pflanzenwelt.
Blick nach Montserrat
   1986 brach nach 400-jährigem Schlaf der  Soufrière-Hills-Vulkan auf der Karibikinsel Montserrat aus und begrub die  Hauptstadt Plymouth. Der botanische Garten und weite Teile der Nebelwälder  wurden vernichtet. Der Kew Gardens half beim Einrichten des botanischen Gartens  mit einheimischer Inselflora. Zwei einheimische Arten konnten durch Kultur  gerettet werden. Darunter befand sich eine Pflanze aus der Familie der  Kaffeegewächse und eine Orchidee (Epidendrum montserratense).
Orchideen-Fakten
Gattungen/Arten: Etwa  1000 Gattungen mit 15 000 bis 30 000 Arten. 50 % der Arten wachsen auf Bäumen.  In Europa: 250 Arten. Im Fricktal (Schweiz) wachsen 33 verschiedene  Orchideenarten.
   Samen: jede Pflanze produziert  Hundertausende bis Millionen von Samen in einer Samenkapsel.
   Grösse der Pflanzen: wenige  Millimeter bis zu einigen Metern (Tiger-Orchidee).
   Grösse der Blüten: einige  Millimetern bis zu 20 Zentimetern. 
   Blütenstand: oft traubenförmig, an den  sich bis zu 100 und mehr Blüten ausbilden können.
   Bestäubung: Insekten (Ameisen, Käfer,  Fliegen, Bienen, Hummeln, Schmetterlinge), aber auch Vögel (z. B. Kolibris),  Fledermäuse oder Frösche.
   Verbreitung: Bis auf  Antarktis auf jedem Kontinent.
   Verwendung: Heilmittel, Dekoration,  Aphrodisiakum. Es gibt auch Orchideen mit psychoaktiver Wirkung.
   Orchideenkultur: Massenproduktion in Taiwan, Thailand und den Niederlanden. 
   Kulturelle Nutzpflanzen: Gewürzvanille;  einige Orchideen werden  zur Aromatisierung von Tee und als Parfümierungsmittel für Parfüm und Tabak  verwendet. In brasilianischen Regenwäldern benötigen Paranussbäume eine  Prachtbiene zur Bestäubung. Die Weibchen sind wählerisch. Sie bevorzugen  Männchen, die nach bestimmten Orchideen duften. Aber die Bienen brauchen  intakte Wälder (Infos durch Carolyn Fry).
   Zierpflanzen: Seit 150  Jahren entstanden 100 000 Hybriden, einige Tausend kommen als Zierpflanzen in  den Handel.
Lehrpfad: Die Arbeitsgruppe Einheimische Orchideen Aargau (www.ageo.ch) unterhält in Obererlinsbach einen öffentlichen Lehrpfad mit geschützten Pflanzen, darunter sind auch Orchideen.
Internet
   www.aargauerzeitung.ch 
   www.ageo.ch 
   de.wikipedia.org/wiki/Orchideen
   Infos über den Kew Gardens – das exotische Paradies  von London: www.kew.org  - www.lovinglondon.de/kew-gardens/
Literatur
   Baumann,  Helmut; Künkele, Siegfried: „Die Orchideen Europas“, Franckh-Kosmos  Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1988.
Faber, Elisabeth und Martin: „Orchideen in der Umgebung von Freiburg“, Freiburg, 2. Auflage 2008.
Fry, Carolyn: „Die Fremde Welt der Pflanzen“, Frölich & Kaufmann Verlag, Berlin 2017.
Schnekenburger, Otto: „Die grüne Arche Noah“ (Pflanzenzentrum in Taiwan), „Badische Zeitung“ vom 09.05.2020.
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