Textatelier
BLOG vom: 18.09.2005

Bözberg West, die Städte, der Opalinuston und die Nagra

Der Autor des nachstehenden Blogs, Heiner Keller, ist Biologe und lebt in Oberzeihen AG. Am 1. Oktober 2005 erscheint sein neues Buch „Bözberg West. Landleben zwischen Basel und Zürich“ im Verlag Textatelier.com. Darin sind die nachstehend von ihm erwähnten Einflüsse und Entwicklungen detailliert und im Zusammenhang mit Engagement in brillantem Stil beschrieben.

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 Autor: Heiner Keller

Gemäss Tages-Anzeiger und anderen Medien-Meldungen vom 13. 9. 2005 muss Zürich gegenüber der Schweiz jetzt Ansprüche bezüglich einer möglichen Endlagerung radioaktiver Abfälle geltend machen und (mindestens) politisch einen möglichst hohen Preis aushandeln. Die weniger dicht besiedelten Gebiete mit Opalinuston, z. B. am Bözberg im Kanton Aargau, müssen in die Waagschale der absehbaren Auseinandersetzung geworfen werden.

Bözberg, Staffelegg und Rhein wecken Begehrlichkeiten und Bautätigkeiten. Der Kanton Aargau will mittels Probebohrungen ein mögliches Abbaugebiet für Kalk richtplanmässig festsetzen. Die Eisenbahnlinie mit den lärmigen Güterzügen auf der weit über 100 Jahre alten Bözberglinie wird zum Hauptzubringer der Neuen Alpentransversale. Der Verkehr auf der Autobahn Zürich−Basel nimmt so lange kontinuierlich zu, bis die Bareggtunnels wieder zum Nadelöhr werden. Die Täler und die Autobahnausfahrten werden überbaut. Niemand ist sich der Bedeutung des Metropolitan-Trenngürtels als Erholungsgebiet und Kontrapunkt zum Siedlungsbrei und den Agglomerationen bewusst. Vielleicht bewirkt das absehbare Feilschen um den Standort des Endlagers für radioaktive Abfälle wenigstens, den Wert der unverbauten Landschaft besser bewerten zu können und schätzen zu lernen.

Wenn Sie bei Sonnenuntergang von der Bözbergstrasse oberhalb Effingen AG Richtung Westen schauen, wähnen Sie sich in der Toskana. Hügel reiht sich hinter Hügel bis zum Horizont. Bözberg West, der sanft gewellte Aargauer Tafeljura, ist eine liebliche Gegend mit Feldern, Wäldern, Dörfern und Weinbergen, die mit der Toskana tatsächlich viel Ähnlichkeit hat.

Bözberg West im Bereich der Gemeinde Zeihen AG bildet zufälligerweise auch die geographische Mitte zwischen den Metropolitan-Regionen Basel und Zürich. Solche Wirtschaftszentren gelten als notwendige Wachstums- und Wohlstandsmotoren für die Schweiz. Augenfällig lösen die Städte eigentliche Verkehrslawinen aus. Magneten gleich ziehen sie Autos und Züge in die Zentren. In einem 30-Minuten-Radius um die Zentren wachsen die Agglomerationen: Wohnen und Erholung auf dem Land, Verdienst, Ausbildung und Konsum in den Städten und Vorstädten. Um die letzten unverbauten Autobahnausfahrten buhlen Lidl und Aldi. Metropolitan-Regionen haben dem Land bisher vor allem Strassen, Verkehr und Lärm gebracht.

Der Verkehr auf der Autobahn und die Güterzüge durch das Fricktal nehmen kontinuierlich zu. Der Wind und die Windrichtung sorgen dafür, dass die Eisenbahn nachts irgendwann in jedem Dorf von Bözberg West zu hören ist. Wenn die Tunnels der Neuen Alpentransversale NEAT fertig sein werden, wird die Bözberglinie zur Hauptzubringerstrecke für den Alpentransit. Die ländliche Gegend ist durch das ungebremste Wachstum der Agglomerationen zu einem eigentlichen Metropolitan-Trenngürtel geworden. Der Bözberg und Bözberg West bilden damit einen unabdingbaren Gegenpol zu Stadt, Mittelland und Metropolitan-Regionen. Die eigenen Landschaftsqualitäten wie Unverbautheit, Harmonie, Ruhe und Erhabenheit brauchen zu ihrer Erhaltung viel mehr Einsatz als bisher. Wir dürfen nicht einfach warten, bis uns der Siedlungsbrei, der Lärm und die Verschmutzung ganz überrollt haben.

Dass der Kanton Aargau auf dem Bözberg nach Kalkvorkommen bohren will und der Opalinuston unter der Toskana des Aargaus das Interesse der Entsorger von radioaktivem Abfall gefunden hat, macht die Aufgabe nicht einfacher. Die Verantwortung der Einwohner und die innere Verpflichtung, sich für die Menschen, die Dörfer und die Landschaft zu engagieren, bleiben. Sie haben sich soeben noch akzentuiert.

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28. 01. 2005: „Wachstum und Leben im Fricktal: Der geniale Mix“

 

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