Textatelier
BLOG vom: 11.01.2005

Gar so lustig ist Jägerei heute nicht mehr

Autor: Walter Hess, Biberstein CH (Textatelier.com)

Unter einer der ersten Postlieferungen im Jahr 2005, die mich erreicht haben, befand sich ein Brief von Peter Suter, Hubel 59, CH-5742 Kölliken. Dem handschriftlichen Schreiben lag ein Unterschriftenbogen zur Jagdabschaffungsinitiative bei. Der Absender, der sich seit Jahren selbstlos für den Schutz der Feldhasen einsetzt, kommentierte: „Man kanns ja einmal versuchen, obwohl es schwierig sein wird, die 100 000 gültigen Unterschriften zusammenzubringen.“ Er selber gehört nicht zu den Initianten, die ich selber nicht kenne. Mir geht es nicht um Personen, sondern um die Sache. Ich habe mich schon seit Jahren in dieser Richtung engagiert.

2 Unterschriften hatte ich auf Anhieb zusammen, und ich sandte den Bogen ans Anti-Jagd-Forum Schweiz, General-Guisan-Strasse 11, CH-3303 Jegenstorf, ab, so dass nun nur noch 99 998 Unterschriften nötig sind – die Unterschriftensammlung läuft immerhin noch bis zum 1. 3. 2006. Ich bin zuversichtlich.

Die Initiative hat den folgenden Wortlaut:

„Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:

 

Art. 79 Fischerei und Jagd

1Der Bund verbietet unter Strafe die Jagd sowie die Hobby- und Sportfischerei auf dem Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

2 Er regelt die Berufsfischerei und sorgt für die Erhaltung der Artenvielfalt der Fische, der wild lebenden Säugetiere und der Vögel.

3 Der Bund sorgt für einen landesweiten Wildkorridor von Ost nach West. Er regelt den Einsatz der Wildhüter im Krankheits- und Seuchenfall sowie bei Unfällen von und mit Wildtieren. Erst nach Ausschöpfung aller gewaltfreien Alternativen oder im Notfall darf getötet werden.

4 Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.“

 

Soweit der Initiativtext, der eine ethische, tierfreundliche Gesinnung offenbart; und darauf kommt es mir an. Solch ein Volksbegehren ist nötig, weil, wie die Jagdstatistiken immer wieder lehren, gelegentlich auch wild herumgeballert wird. Auch bedrohte Vogelarten, die merkwürdigerweise noch immer jagdbar sind, geraten in den Kugelregen, sogar geschützte Luchse usf. Vereinzelt erschiessen sich Jäger gegenseitig oder treffen einen Wanderer. Das kann ja nur bedeuten, dass einzelne von ihnen auf alles schiessen, was sich bewegt. Es ist Zeit, wieder einmal darüber tiefgründig zu meditieren.

 

Soweit der Initiativtext, der eine ethische, tierfreundliche Gesinnung offenbart; und darauf kommt es mir an. Solch ein Volksbegehren ist nötig, weil, wie die immer wieder lehren, gelegentlich auch wild herumgeballert wird. Auch bedrohte Vogelarten, die merkwürdigerweise noch immer jagdbar sind, geraten in den Kugelregen, sogar geschützte Luchse usf. Vereinzelt erschiessen sich Jäger gegenseitig oder treffen einen Wanderer. Das kann ja nur bedeuten, dass einzelne von ihnen auf alles schiessen, was sich bewegt. Es ist Zeit, wieder einmal darüber tiefgründig zu meditieren.

Die traditionelle Jagd ist ein Ritual, das sich in einem vollkommen geänderten Umfeld abspielt, das heisst, nicht die Jagd, sondern die Umgebung hat sich verändert: Die menschlichen Siedlungen und Verkehrsanlagen dehnen sich ständig aus, Verkehrsunfälle wegen des auch vom Freizeitsportbetrieb beunruhigten Wilds und anderen wild lebenden Tieren sind häufiger – was da nur an Igeln und Amphibien überfahren werden, wenn sie ihre aktiven Phasen haben!

Ich habe immer das Gefühl, dass gewisse Autofahrer auch hinter dem Steuer noch einen gewissen Jagdtrieb ausleben, ansonsten die Tieropferbilanzen auf Strassen nicht derart hoch sein könnten. Ich selber halte wegen jeder Kröte an, wenn es irgendwie geht und keine Auffahrtskollisionen zu erwarten sind, trage sie an den Strassenrand. Und Igel sieht man so gut, dass man rechtzeitig ausweichen oder anhalten kann, wenn man sein Fahrzeug vorschriftsgemäss beherrscht. Läge ein ähnlich grosser Stein auf dem Asphalt, würde man schon den Rank finden. Zu alledem hat die Intensivlandwirtschaft unendlich viele Lebensräume planiert und damit den Lebensraum für Wildtiere beschnitten und auch noch vergiftet. Das Artensterben ist selbst in der naturschützerisch relativ vorbildlichen Schweiz noch alles andere als unter Kontrolle; es ist der wunde Punkt in den Bestrebungen zur Erhaltung der Natur.

Vor dem Hintergrund einer bedrängten, in höchste Not geratenen Tierwelt hat die Jagd eine ganz andere Stellung erhalten. Die Jäger, von denen man vertiefte Naturkenntnisse erwartet, müssten das ebenfalls einsehen. Die Situation erträgt das zusätzliche Dezimieren nicht mehr. Die Tierwelt wird auch ohne Jagd genügend „reguliert“, abgesehen vielleicht von einigen besonders intelligenten Arten wie den Wildschweinen als Überlebenskünstler. Da könnten Wildhüter im Notfall schliesslich eingreifen.

Der Jagd geht es Stück um Stück ans Fell. Der eingangs erwähnte Peter Suter, Präsident des Vereins zum Schutze der bedrohten Wildtiere, verzeichnete im Herbst 2004 einen Erfolg auf kantonal-aargauischer Ebene: Die Initiative gegen die Treibjagd (durch Hunde, Menschen oder Hilfsmittel aller Art) kam zusammen (3503 Unterschriften; nötig gewesen wären 3000). Diese Treibjagd sei „unnötig, unethisch, besonders tierquälerisch und dient nur dem sinnlosen Freizeitvergnügen der Jäger“, sagte Suter; selbst die Engländer haben dies endlich eingesehen beziehungsweise unter tierschützerischem Druck einsehen müssen.

Seitdem er sich mit seiner kleinen Gruppe für den Schutz der aussterbenden Feldhasen einsetzt, halten die Jäger ihre Flinten diesbezüglich einigermassen unter Kontrolle, um im sensibilisierten Volk nicht noch weitere Sympathien zu verscherzen. Ein Blick in die Statistiken belegt das; der Hasenabschuss ist nur noch gering. Hoffentlich wächst die Tierliebe überall, besonders auch die uneigennützige.

Im vergangenen Sommer 2004 war Suters Privathaus in Kölliken AG vollständig abgebrannt. Wahrscheinlich hatte die durch ein Fenster eingedrungene Sonne einen Brennglaseffekt ausgelöst. Als er mir das kurz nach dem Brand am Telefon etwas niedergeschlagen erzählte, fügte er bei der sich verbessernden Stimmung bei, neben all dem Unglück habe er doch ein ganz enormes Glück gehabt: „Meine Katze war nicht im Haus.“
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