Textatelier
BLOG vom: 25.10.2005

Jüngstes Gericht: Hat das Lichterlöschen begonnen?

Autor: Emil Baschnonga

Der treffliche, im „Sunday Times Magazin” vom 16. Oktober 2005 erschienene Artikel „The Doomsday Debate“ („Debatte zum Jüngsten Gericht“), stimmte mich nicht nur nachdenklich, sondern tief traurig. Der Weltuntergang wurde und wird immer wieder angekündigt, hat sich aber – zum Glück – bisher nie bewahrheitet. (Dieser Satz ist ein Paradox.)

Im Artikel wird hervorgestrichen, dass Erfindungen im Sinne von technologischen Durchbrüchen (von der Druckerpresse bis zum Flugzeug) am Abflauen sind, ausgerechnet zu einer Zeit, wo die Erdölreserven absacken … Erdöl ist viel zu wertvoll, um als Treibstoff vergeudet zu werden. Alternativen wie die Kernenergie und andere Energiequellen sind entweder zu risikobelastet, umweltbelastend oder reichen nicht aus, um das Energiemanko auszugleichen. Wie kommt die Menschheit heil über diese Klippe?

Werden die Menschen am Ende ihrer Zeit wieder zu Pfahlbaubewohnern – diesmal auf einer riesigen Schutt- und Abfallfläche darbend? Als ich den Artikel las, erinnerte ich mich ans Werk „Der Untergang des Abendlandes“ von Oswald Spengler (1880–1936). Ich fand den 1. Band von der C.H. Beck’schen Verlagsbuchhandlung, 1920 in München veröffentlicht. Ich beschränkte mich auf die Einleitung, immerhin gewichtige 71 Seiten des Gesamtbandes von 615 Seiten.

Oswald Spengler bot vielen Kritikern reichlich Angriffsflächen, was für mich immer ein gutes Zeichen ist und meine Leselust antreibt. Sein Kulturpessimismus war nicht jedermanns Sache. Damals wie heute erlag ich seinem lebhaft geschriebenen Deutsch. Er drückte sich unverblümt aus. Dazu ein (gekürztes) Beispiel: „Altertum – Mittelalter – Neuzeit: das ist das unglaubwürdige, dürftige und sinnlose Schema, dessen absolute Herrschaft über unser historisches Bewusstsein uns immer wieder gehindert hat, die eigentliche Stellung der kleinen Teilwelt …, wie sie sich auf dem Boden des westlichen Europas entfaltet hat …“

Auf dieser gedanklichen Angriffsfläche baute er seine „Morphologie zur Weltgeschichte“ auf und würdigte dabei die übereinander greifenden Kulturen und Zivilisationen, die er nach Jahreszeiten gliederte. So reihte er etwa unter dem „Frühling“ auf der „1. Tafel ‚gleichzeitiger’ Geistesepochen“ (...) „die Mythologie des Veda“, den Olympischen Mythos (Homer), das „Urchristentum“ – und was mich überraschte – „den „germanischen Katholizismus“ aneinander. Er widmete sich u.a. auch dem Buddhismus, Sufismus und Islam. Genug von dieser schweren Kost.

2 letzte und kurze Sätze zitiere ich hier, die Spenglers künstlerisch-intuitive Denkweise widerspiegeln: „Natur ist die Gestalt, unter welcher der Mensch hoher Kulturen den unmittelbaren Eindrücken seiner Sinne Einheit und Bedeutung gibt.“ Inzwischen hat die von Walter Hess angeprangerte „Einheitswelt“ die Natur mehr und mehr barbarisch verhunzt. Spengler empfahl „Pietät den Kulturen gegenüber“. Davon merken wir heute kaum noch etwas.

Um auf den Untergang zurückzukommen, hat jedes Leben auf dieser Welt eine begrenzte Lebensdauer, von der Raupe bis zur Eiche, der Mensch nicht ausgenommen. Ob sich das auf die ganze Welt bezieht, das weiss ich nicht. Sie dreht sich weiterhin munter um die Sonne, wie dies Nicolaus Copernicus (1473–1543) und Galileo Galilei (1564–1643) entdeckten und bewiesen haben.

Das Wort Sonne ist gefallen. Jetzt, nach einem heftigen Gewitter in Wimbledon, strahlt die Sonne wieder. Mein Gemüt wird kultur-optimistischer. Wir alle können unser Scherflein zur heileren Welt beitragen und kritisch wach Missstände anprangern, um das grosse Lichterlöschen aufzuschieben, wenn nicht gar aufzuheben.

Hinweise auf weitere lebensphilosophische Baschnonga-Blogs

03. 10. 2005 „Das Paradox allgemein und rund um Arthur Koestler“

26. 04. 2005 „Kurze und lange Lebensspannen: Stiche und Streiche“ 

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