Textatelier
BLOG vom: 15.05.2007

Als im Obertoggenburg Unterwasser die Oberhand hatte

Autor: Walter Hess, Biberstein CH
 
„Unser Tockenburg ist ein anmutiges, 12 Stunden langes Tal.“
Ulrich Bräker (1735–1798)
 
Das Obertoggenburg (ein Bezirk des Kantons St. Gallen) mit den 7 Churfirsten ist das Werk eines überaus kräftigen Riesen, dem keine Aufgabe gross genug war. Er wünschte sich einen angemessenen Auftrag. Der liebe Gott, dem der Riese offenbar unterstellt war, beauftragte ihn, in diesem Hochtal eine Stadt zu bauen. Er übergab dem Riesenkerl einen Sack voller Tätschhäuser (mit Dächern aus Brettschindeln, die mit Steinen beschwert sind) und Giebelhäuser mit Sprossenfensterreihen unter Vordächern, dazu auch Scheunen, Ställe, Schöpfe; Läden, Strassen und Gaststätten waren ebenfalls im Sortiment. Daraus sollte er eine ordentliche Stadt bauen, wohlgeordnet, wie es sich gehört. Der Riese schwang den Sack nicht etwa auf seinen Rücken, sondern schleifte ihn lässig über die Felsen. Eine scharfe Felskante riss ein Loch in den Sack, und die Häuser mit ihren Schindelfassaden und getäferten Stuben fielen einzeln heraus und verstreuten sich über die ganze Landschaft. Im statten Grün der Talhänge sahen die Häuser wirklich hübsch aus. Jetzt begann der Riese, vor allem die Bauernhäuser, „Heimet“ genannt, wahllos in alle Himmelsrichtungen zu werfen, jeweils zusammen mit einem Stall und einer Scheune. Manchmal standen die Häuser in kleinen Gruppen beisammen, und dann fügte der Riese eine Kirche dazu. So entstanden hier und dort Toggenburger Dörfer zwischen den Einzelhöfen, eine praktizierte Dezentralisation.
 
Häuser, die in einem gewissen Abstand in der Landschaft herumstehen, bieten eine gewisse Gewähr dafür, dass sich ihre Bewohner weniger streiten, und deshalb sind die Obertoggenburger denn auch ein ausgesprochen friedfertiges Völklein mit einem Sinn fürs Schöne. Und da ich im Toggenburg vor vielen Jahrzehnten das Licht der Welt erblickt hatte (im Spital Wattwil; wir wohnten damals im Markt- und Verwaltungszentrum Lichtensteig, später in St. Peterzell SG im Neutoggenburg), zog es mich wieder einmal in jene Gegend, diesmal ins Obertoggenburg (Nesslau bis Wildhaus), das mir wenig bekannt war.
 
Rund um die Churfirsten
Mit Eva fuhr ich am 11. Mai 2007 via Zürich zum Walensee, und bei der Raststätte Walensee machten wir einen Halt, um die Südseite der Churfirsten zu betrachten: abweisende Steilwände, und um mich in deren Namen einzuüben. Wir hatten sie bereits im Geografie-Unterricht der Primarschule auswendig zu lernen, lang ists her. Nun aber musste ich eine Karte zu Hilfe nehmen: Von West nach Ost sind es: Selun (2205 m ü.M.), Frümsel (2267 m), Brisi (2279 m), Zuestollen (2235 m), Schibenstoll (2236 m), Hinterrugg (2306 m) und Chäserrugg (2262 m). Dieses Bergmassiv wollten wir von beiden Seiten sehen. Somit fuhren wir in Richtung Chur bis Sargans weiter, drehten dort nach Norden ins St. Galler Rheintal, den Gonzen umrundend, bis Haag und dann westwärts nach Gams und hinauf nach Wildhaus, zuoberst im Obertoggenburg. Eine befahrbare Strasse besteht in diesem Gebiet seit 1830. Im unteren Teil hat man einen guten Überblick auf das Rheintal im Raume Buchs SG/Vaduz FL, und oben ist nach dem Restaurant „Zollhaus“ ein teilweise rutschgefährdetes Bachtobel zu durchqueren, das enge Simmitobel, das Tal der Simmi. So heisst der Bach, der neben der Strasse seine Kapriolen vorführt und gerade wieder einen Hang zum Rutschen gebracht hatte. Die Sicherungsarbeiten waren im Gang. Weiter oben, beim Sägeboden, ist der Wald zu Ende, und die ersten Häuser von Wildhaus erscheinen. Es ist der höchst gelegene Ort des Kantons St. Gallen (1090 m ü. M.), an der Scheide von Rhein und Thurtal gelegen, und darf sich sogar der höchsten Postleitzahl (PLZ) der Schweiz erfreuen: 9658. Da geht also alles hoch hinaus. Gemäss touristischem Toggenburg-Motto: „Gut abgehoben, gut aufgehoben.“
 
Hinauf auf Gamplüt
Das Wetter war etwas unsicher, aber noch trocken, und so folgten wir gleich den Wegweisern nordöstlich des Dorfs via Seeboden zur Seilbahnstation Gamplüt am Fusse des Schafbergs, da nach meinen Recherchen zu dieser Jahreszeit noch keine andere Bahn in Betrieb war. 2 Kabinen standen bzw. hingen bereit; eine war durch eine fünfköpfige Familie besetzt. Wir nahmen in der anderen Kabine Platz. Die Tür schloss sich vollautomatisch, und wir wurden 5 Minuten lang über saftige, blühende, steil ansteigende Weiden mit Kühen, die noch Hörner haben durften, und vorbei an grossen Wettertannen langsam in die Höhe getragen, in geringer Höhe über die Bodenalp hinweg – die Geschwindigkeit betrug weniger als 20 km/h, auf unsere Möglichkeiten der Wahrnehmung abgestimmt.
 
Die Bergstation ist mit einem Restaurant verbunden. Die seit 1970 bestehende und 1993 umgebaute, erneuerte Gondel- bzw. Gruppenpendelbahn und das Restaurant gehören der Familie Peter und Lina Koller, die in Wildhaus auch eine Garage betreibt und sich für den Werbereim „Gamplüt für alli Lüt ...“ entschieden hat. Gamplüt ist nicht nur für alle Leute, sondern auch für alle Jahreszeiten gut. Die Bahn überwindet eine Höhendifferenz von 269 m (von 1088 bis 1357 m ü. M.) und bewegt sich über eine schräge Länge von 1244 m. Oben angekommen, sieht man ins Churer Rheintal, ins Fürstentum Liechtenstein und bis weit ins Tirol, zu den Bergen des Kantons Graubünden, zur nahen Churfirstenkette, zu den Glarner Alpen und bis zum Bodensee.
 
Die Fahrtkosten werden oben bezahlt. Die Retourfahrt kostet 15 (Rentner: 12) bzw. 8 CHF für Kinder. Eine liebenswürdige junge Dame, ebenfalls mit Namen Koller, hiess uns willkommen und wünschte eine schöne Zeit. Diesem Wunsche nachlebend, entschieden wir uns für die etwa 1-stündige Rundwanderung Gamplüt–Steinwald. Wir starteten Richtung Westen und hatten einen eindrücklichen Ausblick auf die Churfirsten. Der Weg, der den bewaldeten Hügel „Gamplüter Stein“ umrundet, führt vorbei an Weiden mit gelben Löwenzahnblüten, im lichten Wald am kalkliebenden Eisenhutblättrigen Hahnenfuss (Ranuculus aconitifolius L.) und bei feuchten schattigen Hängen an Roten Waldnelken (Siléne dioíca L. oder: Melandrium dioecum) sowie Berg-Flockenblumen (Centaurea montana L.), auch an vielen anderen Alpenblumen wie dem Alpenehrenpreis (Veronica alpina L.), belebtem Totholz und wie poliert aussehenden Baumstrünken. Kettensägeakrobaten mit künstlerischem Talent liessen aus einem Baumstrunk 2 quadratische, ineinander verschlungene Kettenglieder herauswachsen. Das Alpsteinmassiv besteht aus Kalkstein, beim Gamplüter „Stein“ ist es ein grauer, brüchiger Kalk, offenbar mit Tonanteil.
 
Bei einem Aussichtspunkt und Stallungen führt der Rundweg anschliessend nordwärts, und der Wanderer erhält einen vollkommen neuen Einblick in die weite Welt des Alpsteins, zwischen Säntis und Altmann; der Säntis gehört noch zum Wildhauser Gemeindegebiet, das fast 35 Quadratkilometer umfasst.
 
Wie aus einem Flugzeug kann man ins Tal zum Älpli und weiter oben zur Thurwis (Thurwies) mit der Säntisthur und den Scheunen sowie Hütten schauen und dem Hundstein, der dem Säntis vorgelagert ist, schauen. Im Zickzack führt der Rundweg ein Stück weit hangabwärts, doch bald verbreitert er sich zu einem ostwärts verlaufenden Strässchen, das unter der wuchtigen Schafbergwand zur Bergstation Gamplüt zurückführt – knapp anderthalb Stunden sind für diesen Rundweg nötig, wenn man es sehr gemütlich nimmt.
 
Als wir uns auf der letzten Wegstrecke befanden, schlich sich eine schwarz-graue Regenwolke über die Silberplatten heran, verzog sich dann aber übers Gebiet Oberlaui gegen den Gräppelensee. Aus ihrem Randbereich erhielten wir einige Tropfen. Vor einer Alphütte („Dreihütten“) im breiten, sanft ansteigenden Tal, das den Namen Gamplüt trägt und oben ein Hochmoor (Ried) gewesen sein dürfte, sassen und assen 2 wetterfeste Älpler genüsslich Käse, Fleisch und Brot – am liebsten hätte ich mich als bezahlender Gast eingeladen ... Doch wollte ich das Idyll nicht stören.
 
In der Bergstation der Gondelbahn kann man stabile Trottinetts mieten und damit über die Lisigweid und die Steinrütistrasse hinunter zur Talstation fahren. Doch wir verzogen uns in eine Gondel und waren nun reif fürs Mittagessen – es war gegen 14 Uhr. Als gutes Restaurant in Wildhaus hatte ich mir Stump’s Alpenrose vorgemerkt, und ich erkundigte mich im Haus mit dem fetten i (Tourist Info, betrieben vom Kurverein Wildhaus), ob das Essen dort gut sei. Es gehöre zu den besten, sagte mir die kundige Angestellte. Ich deckte mich noch mit der Wanderkarte Toggenburg 1:25 000 ein. Also fuhren wir auf die gegenüberliegende Talseite nach Schwendi, von wo aus ein herrlicher Blick auf Wildhaus und Umgebung gewährt wird. Die Alpenrose ist ein traditioneller Familienbetrieb, ein Vier-Sterne-Hotel mit umfangreichen Fitnessanlagen in der Nähe des Schwendisees und unter dem Gamser Rugg, der heute von Birger, Marlise und Roland Stump betrieben wird. Er liegt auf dem Hochplateau etwas zurückversetzt, so dass der Blick in den oberen Obertoggenburger Talabschnitt verwehrt ist.
 
Wir setzten uns ins À-la-carte-Stübli, das lichtdurchflutet und liebevoll mit Holz ausgestattet ist. Da die Zeit des Mittagessens vorbei war, mussten wir mit einer etwas abgespeckten Speisekarte Vorlieb nehmen. Fische (Egli), Fleisch, Kartoffeln und Gemüse waren von bester Qualität, sorgfältig zubereitet, dem Glas St.-Saphorin würdig, die Preise anständig.
 
Die Käsetage in Unterwasser
Unser nächstes Ziel waren die (nach 2005 die 2.) „Käsetage Toggenburg 2007“ in der Tennishalle Unterwasser, der nächsten Gemeinde talabwärts nach Wildhaus, Ausdruck der regionalen Kultur. Denn das stotzige (steile) Obertoggenburg eignet sich vor allem für Kühe, Ziegen und Schafe; eine nennenswerte Industrie gibt es nicht, und sogar die Silos und Siloballen, die als Wahrzeichen industrialisierten Grossbauerntums dienen, verunstalten das Landschaftsbild nicht. Umso lustvoller degustierten wir die Toggenburger Käsespezialitäten, die mich vor allem durch ihre Würzigkeit beeindruckten, abgesehen von den Frischkäsearten wie dem Bloderkäse (auch „Suurchäs/Surakäs“ genannt, aus abgerahmter Kuhmilch ohne Lab z. B. in der Molkerei Grabs, CH-9472 Grabs, hergestellt). Auch neu erfundene Käsesorten und sogar Käsepralinen wurden hier vorgestellt. Fast umgeworfen hat mich der „rässe“ Käse von Melchior und Vreni Schoch, „Berghof“ in CH-9608 Ganterschwil, den 2 urchige Typen in der roten Toggenburger Tracht (rote Weste mit Silberknöpfen) und darunter eine „Chüelibruscht“, silberner Halsbrosche und einem schwarzen, dekorierten Filzhut kredenzten. Im Toggenburg sei eigentlich alles „Bio“, sagte der Melchior, doch einige Betriebe seien zertifiziert, andere halt nicht.
 
Wer den rässen, viertelfetten St. Galler Bio-Käse mit der rötlichen Rinde und den vielen kleinen Luftblasen im Innern degustiert hat, wird alles andere vergleichsweise als geschmacklichen Schwachstrom empfinden. Der ältere der Sennen, dem das Wasser im Mund zusammengelaufen war, sagte, es gebe nichts Besseres als diesen Rässen für Chäshörnli. Ich schlug zu, versteht sich, und wir begaben uns zum nächsten Stand.
 
Bestimmt waren nicht allein meine Beziehungen zu Lichtensteig die Ursache dafür, dass mir der auf angenehme Art leicht säuerlich schmeckende Käse in Form eines „Mühlesteins“ (so auch der Name: Mühlestein) so gut mundete. Er wird in der Stadtchäsi Lichtensteig GmbH, an der Farbgasse 3 in CH-9620 von Willi Schmid zubereitet, ein runder Käse mit Naturschimmelbezug, für den vor allem die karotinreiche Milch von den zierlichen Jersey-Kühen verwendet wird; diese leichten Tiere fressen sauber und zertrampeln die Weide kaum. Die Käserei stellt auch viele Geissenmilchprodukte wie die „Hölzige Geiss“ her, ein Käse, der wie eine Scheibe von einem Baumstamm mit dicker Rinde aussieht.
 
Und auf der anderen Seite war noch der „Chällerhocker“, ein mindest 10 Monate alter Halbhartkäse aus silofreier Rohmilch, nach alter Tradition hergestellt. In seinen Löchern sind bereits Tränen, und sein Geschmack ist natürlich, rein, ein nobler Käse, was hier ohne jede Sentimentalität festgehalten sei. Hersteller ist Walter Räss-Huser in CH-9604 Lütisburg. Er kann käsen.
 
Die Gäste degustierten auch leichte, erfrischende Joghurts aus der Käserei Habegger in CH-9652 Neu St. Johann und Toggi-Molke mit verschiedenen Fruchtsäften aus der Käserei Heiterswil in CH-9630 Wattwil.
 
Selbstverständlich ist diese Aufzählung willkürlich und unvollständig, wir brachten es nicht fertig, uns durchs ganze Angebot zu probieren, und so bestaunten wir denn die nostalgischen Eimerli wie die Geissbubeneimer, Melkstühle, Buttermodel, Sauerfässer, Käsegeschirre und Buder (zur Butterherstellung) aus der Weissküferei Stauffacher in CH-9651 Ennetbühl, Erzeugnisse eines typischen Liebhabergwerbes, wie es sie im Toggenburg noch gibt (dazu gehören auch Schindelmacher, Holzschnitzer, Schlittenbauer usf.). Und wir liessen uns über Milchschafe und Milchschafprodukte ins Bild setzen; denn offenbar gewinnt die Schafmilchproduktion und -verarbeitung in der Schweiz rasch an Bedeutung. Die Milchmenge, die zu reinem Schafskäse verarbeitet wurde, hat sich hierzulande zwischen 2000 und 2005 von 82 auf mehr als 180 Tonnen erhöht. Die friedlich kauenden Schafe genossen es, im Zentrum des Interesses zu stehen. Es sind ja auch nur Menschen.
 
Zum „Zündli“ in Stein SG
Eine besondere Delikatesse mit nostalgischem Anklang hatte ich noch für den Schluss dieses Ausflugstages aufgespart: Ein Besuch im „Zündli“ in Stein (zwischen Unterwasser und Nesslau). Dort, im Gebiet „Dörfli“, residiert seit Menschengedenken die Bauernfamilie Koller, die mir seit meiner frühesten Kindheit in Erinnerung geblieben ist. Das kam so:
 
Vor 70 Jahren war meine Mutter zusammen mit der damals 30-jährigen Bäuerin Koller aus Stein im gleichen Zimmer im Spital Wattwil. Ein Tag vor mir kam Silvia Koller zur Welt und um die Mittagszeit des nächsten Tags folgte ich nach – ob ich den Zeitpunkt 12.20 Uhr in der Hoffnung gewählt hatte, gerade noch rechtzeitig zum Mittagessen zu kommen, weiss ich nicht mehr. Es könnte schon sein. Jedenfalls machte mir die reibungslos verlaufene Geburt als natürlichste Sache der Welt keinen besonderen, nachhaltigen Eindruck, vielmehr aber das, was nachher kam – und ich spreche jetzt von der Zeit des 2. Weltkriegs.
 
Meine Eltern blieben mit Kollers vom „Zündli“ unterhalb des „Goggeien“ während Jahren freundschaftlich verbunden. Meine Mutter nähte und änderte Kleider und bezog den Lohn in Form von Naturalien wie Brot, Fleisch und Honig; falls sie gegen die Regeln der Rationierung verstossen haben sollte, wäre das jetzt ja verjährt.
 
Als wir einmal mit Bahn und Postauto dort oben in Stein zu Besuch waren, erhielt ich von Frau Koller eine dicke Scheibe Brot mit einer zerklüfteten, chüschtigen (brotig wohlschmeckenden) Kruste, die dick mit Butter und Bienenhonig bestrichen war. Ein gastronomisches Fest! Doch stellte es sich heraus, dass ich auf Bienenhonig allergisch reagierte. Ich hatte auf der Heimreise fürchterliche Bauchschmerzen; alles in mir schien sich einzuengen, und selbst innerhalb der Ohren war eine Art Juckreiz festzustellen. Vom Durchfall nicht zu reden. Ich nehme an, dass der springende Punkt das Enzym Glukoseoxydase war, das zu desinfizierendem Wasserstoffperoxid umgewandelt wird. Ich probierte in den anschliessenden Jahren immer wieder mit kleinen Portionen, ob ich Bienenhonig ertrage – und erst seit etwa einem Jahr kann ich ihn problemlos essen, nachdem sich mein Immunsystem (im umfassenden Sinne) ständig verbessert hat. Ich geniesse ihn wie eine Weltneuheit. Und ich weiss nach all meinen Erfahrungen auch, dass Honig nicht nur aus Zucker (75 %) besteht, sondern antibiotisch wirkt, kein bakterielles Wachstum duldet und damit sogar dem Magengeschwür entgegenwirkt.
 
Ich fand den Biobauernhof Zündli mit teilweise grünen Fensterläden auf Anhieb. Sogar das jetzt offenbar verwaiste Bienenhaus stand noch in respektvoller Distanz beim scheunenartigen Nachbargebäude, das ebenfalls als Wohnhaus dient. Ich sah nur die Rückseite davon.
 
An der Eingangstür waren 2 Glocken, mit „E. Koller“ und „P. Koller" (für Pirmin und Monika, Biohof-Betreiber) angeschrieben. Ich läutete aufs Geratewohl. Und bei 2. Versuch erschienen eine freundliche, reife, selbstbewusste Frau, Annelies Koller, und ein Berner Sennenhund, der uns enthusiastisch willkommen hiess, an der Tür. Diese Frau Koller im handgestrickten feuerroten Pullover und dem schwungvoll angeordneten, aufgehellten Haar war mit einem Sohn der uns bekannten „Kollers“, Edwin, verheiratet gewesen; sie ist Witwe, und riet in Verlaufe des angeregten Gesprächs allen Ehepaaren, sich mindestens einmal täglich zu umarmen und miteinander zu tanzen – das koste nichts und tue gut. Die Eltern Koller sind wie meine eigenen auch verstorben; die Mutter Koller hatte Jahrgang 1907.
 
Ich erzählte meine Geschichte und erfuhr, dass die 1 Tag vor mir geborene Silvia Koller, die heute Lütolf heisst, in Oberuzwil wohnt; weitere Töchter leben in Kleindöttingen (Trudi Meier-Koller) bzw. in Stein, wo wir waren (Maria Bischof-Koller) – nur auf der anderen Talseite. Freundlicherweise durften wir noch ins Familienalbum Einsicht nehmen – Erinnerungen, die belegten, wie weit zurück alles war.
 
Und zu meinen Toggenburger Erinnerungen gehörten neben dem Koller-Bienenhonig auch die Mandelfische, deren Mandel-Haselnuss-Füllung ein bisschen nach Marzipan duftet. Ich besorgte mir in der Bäckerei Ziehler ein grösseres Exemplar, zumal es ja heisst, Fisch sei gesund. Und besonders gesund sind Fische aus der (zwar mandelfreien) Bio-Landschaft Obertoggenburg, auch wenn sie statt der jungen Thur bloss den Backofen gesehen haben.
 
Manchmal muss man die Tatsachen eben etwas abwandeln, wie die eingangs erzählte Sage von der Besiedelung des Obertoggenburgs beweist, der ich eine persönliche Form gegeben habe. Ob bei Texten oder Mandelfischen – sie müssen dem Nutzer oder Konsumenten schmecken. Und das gilt sogar für eine landwirtschaftlich geprägte Tourismusregion wie das Obertoggenburg, ein Leckerbissen von der ungewöhnlichen Sorte.
 
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