Textatelier
BLOG vom: 13.01.2005

Pamela, Popadom, Kamillentee, Teichschwimmen

Autor: Emil Beschnonga

Eine Sozialarbeiterin in gehobener Stellung hatte kürzlich während einer Arbeitssitzung in London den Namen der aus Indien stammenden Übersetzerin vergessen. Sie versuchte laut, ihrem Gedächtnis nachzuhelfen: „Pamela, Popalam oder Popadom ...“ (Popadom gleicht einem Fasnachtsküchlein ohne Puderzucker und ist in der indischen Küche heimisch.). Dieser Lapsus war mehr als ungeschickt, da die ehemalige Anwaltssekretärin Opfer von racism (Rassendiskriminierung) betreut.

Da wurde über die Sozialarbeiterin eine Strafe verhängt: Entweder willige sie ein, an einem Anti-Rassendiskrimierungskurs teilzunehmen und obendrein einen Aufsatz über den Stephen Lawrence-Fall zu schreiben, oder sie verliere ihren Posten. (Im Mordfall des 18-jährigen Schülers schwarzer Hautfarbe wurde die Polizei arger Pflichtverletzung bezichtigt.) Die Sozialarbeiterin hat es vorgezogen, ihren Posten aufzugeben.

Warum so stur vorgehen? Ihr ist gewiss etwas Dummes entrutscht. Ins Vergleichsbild gesetzt, ist bloss etwas Blechschaden entstanden, wäre es ein Autounfall gewesen. Eine Entschuldigung ihrerseits hätte genügt. Gewiss hatten einige Anwesende während der Sitzung auf den Stockzähnen gegrinst.

Was ist Ihre Meinung, werter Leser, werte Leserin?

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„Die Grossmutter wusste es am besten“, war die Überschrift eines ganzseitigen Zeitungsartikels, gestern im „Evening Standard“ erschienen. Darin wurden die heilsamen Wirkungen von allerlei Kräutern hervorgehoben; sie seien viel wirksamer als viele der Pharma entsprungenen Medikamente. Als ob wir das nicht gewusst hätten! Nur verhalten wir uns nicht entsprechend. Wer täglich 5 Tassen Kamillentee trinke, habe weniger Monatsschmerzen und schlafe besser, entnimmt man einer Studie des Imperial College in London. Das wusste allerdings schon der Apotheker Nicholas Culpeper (1616−1654), nachweisbar anno 1652.

Hand aufs Herz: 5 Tassen sind mir des Guten zuviel, und 5 Tassen Kaffee täglich enthalten für mein Empfinden zu wenig Schadstoffe.

Gestern habe ich in einem geschützten Winkel meines Gartens Minzeblätter gegen meine Magenverstimmung gepflückt und zu Tee gebraut. Das hat gewirkt, und ich habe gut geschlafen. So kann ich heute wieder sündigen, wohl wissend, dass ich nicht unbedingt Pillen schlucken muss, dank Hagebutten, Lavendelöl, Salbei, Hopfen, Knoblauch und vielen anderen Gewächsen, die keinem Urheberrecht unterliegen.

Gegenwärtig suche ich nach einem Wunderkraut gegen Umweltschäden und sehe Ihren Empfehlungen entgegen.

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Seit 1754 springen wagemutige Londoner selbst im Winter in ihre eiskalten Teiche im Hampstead Health. Jetzt ist die Parkbehörde nicht mehr länger gewillt, diese kleine Freiheit zu dulden – es sei denn gegen Eintrittspreis. Das hat die Unentwegten in Harnisch gebracht. Sie zeigen Zivilcourage und drohen mit „civil disobedience“’(zivilem Ungehorsam). Der Stellungskrieg dauert schon seit Wochen an. Sie werden ihn gewiss gewinnen, denn beim Hampstead Heath leben einflussreiche Leute.

Ich persönlich bin ganz auf ihrer Seite, wiewohl mir nicht im Traum einfiele, freiwillig ins eiskalte Wasser zu springen. Es gilt aber, die kleinen Freiheiten zu schützen, genau wie das Wild, wie das so überzeugend von Walter Hess in seinem Blog „Gar so lustig ist die Jägerei nicht mehr“ dargelegt worden ist. Sonst werden wir alle zum Freiwild der Behörden. Leider sind wir das schon weitgehend.

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