Textatelier
BLOG vom: 18.07.2008

Samuel Schmid und Roland Nef: Das Warten aufs Bye-bye

Autor: Walter Hess, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Ein gefundenes Fressen haben die Schweizer Medien in dieser sommerferienbedingten Sauregurkenzeit dem Verteidigungsminister Samuel Schmid zu verdanken. Natürlich wäre sein ruinöser Umgang mit der Schweizer Armee das Hauptthema; aber das ist für die 15‒30-Zeilen-Medienlandschaft schon ein etwas zu ausuferndes Feld, weshalb man sich zwangsläufig auf Peanuts kapriziert.
 
Wo Samuel Schmid hintrete, wachse kein Gras mehr, hat der Leserbriefschreiber Reinhart R. Fischer aus La Levratte in der „Weltwoche“ 2008-27 angemerkt. Vor Schmid in den Bundesrat gehievt wurde, habe er eine von ihm geführte Firma in den Konkurs gebracht und dann eine Bank konkursreif gemanagt, die dem Konkurs nur durch die Übernahme durch eine Grossbank entging. Soweit der Brief. Dass er als Adolf-Ogi-Nachfolger auch eine ganze Milizarmee zu einer jämmerlichen Nato-Dienstleistungsgesellschaft und -Befehlsempfängerin herunterzumachen versteht, hat er ebenfalls bewiesen. Kein Herbizid kann den Graswuchs wirkungsvoller verhindern als er.
 
Auch im Detail leistet Herr Schmid filigrane Debakel-Inszenierungen. So hat er letztes Jahr 2007 einen neuen Armeechef ernannt, Roland Nef (49), der gerade eine Strafanzeige wegen Nötigung von seiner Ex-Partnerin, einer aus den USA stammenden Musikerin (Flötistin, 50), die im Opernhausorchester Zürich mitwirkt (diese Informationen stammen aus der „Mittelland-Zeitung“ vom 16.07.2008), am Hals hatte. Nef setzte Schmid davon korrekt in Kenntnis, aber letzterer verschwieg das dem Bundesrat, wie es halt so seine Art ist. Im Moment hat sich Schmid gerade ferienhalber in die Provence zurückgezogen und übt sich trotz der Rückkehr vom Donnerstag, 17.07.2008, nach Bern in Funkstille, was schon wieder ein schlechtes Licht auf ihn wirft. Aber darauf kommt es auch nicht mehr an. Man kann nur hoffen, dass in der Provence nach dem Schmid-Besuch wenigstens weiterhin Lavendel wachsen wird.
 
Ich weiss nicht, ob da amerikanische Sitten und Gebräuche ins Spiel eingeflossen sind, jedenfalls musste Nef eine Zahlung leisten, wie er selber bestätigte, damit die Amerikanerin, die von den Medien in ihren Persönlichkeitsrechten geschützt und einfach als „Lynn S. (Name geändert)“ genannt wird, ihre Anzeige zurückzog. Da man inzwischen weiss, wie alt die ehemalige Lebensabschnittspartnerin (LAP) ist und wo und was sie arbeitet, ist diese Geheimniskrämerei wohl wirkungslos.
 
Ich kann nicht beurteilen, wer da wen intensiver nötigte; jeder Leser mag sich darüber die nötigen Spekulationen bitte selber machen. Der „Blick“ (17.07.2008) wusste es ganz genau: „Mit seiner Ex einigte sich Roland Nef nicht gütlich, sondern er zahlte Schweigegeld.“ Strafrechtlich bedeutet die Bezahlung von Schmerzensgeld im Prinzip, dass der Beschuldigte die Vorwürfe anerkennt. Für solche angeblich unhaltbare Informationen hat Nef jetzt über seine Anwälte Vera Delnon und Bernhard Rüdy Klage wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte gegen „Blick“ eingereicht. Die medienüblichen Mittel sind normalerweise Gegendarstellungen; doch will Nef mit seinem forscheren Vorgehen wohl allfällige mediale Nachfolgetäter einschüchtern. Meines Erachtens ist dieses Vorgehen ungeschickt, zumal er dem Fall, der sonst allmählich versanden würde, noch eine erhöhte Bedeutung und grössere Aufmerksamkeit verleiht, und der „Blick“ kann sich wieder einmal profilieren, was er nach all dem Herumdoktern am Layout als Verlegenheitslösung zum Abbremsen des Auflageschwunds bitter nötig hat.
 
Dass Nef an seine Ex-LAP Geld als Wiedergutmachung zahlte, wurde inzwischen von ihm selber bestätigt; er fügte allerdings bei, es handle sich um kein Schweigegeld. Doch wurde eine Stillschweigevereinbarung abgeschlossen. Das sind sprachliche und juristische Finessen, die meinen Horizont übersteigen.
 
Solch eine Zahlung, wie immer man sie auch nennen mag. ist einigermassen verständlich. Denn als der Privatfall schwelte, kam der Umstand der Beförderung des Brigadiers Nef zum Armeechef zu den privaten Turbulenzen hinzu; zeitlich verwickelte sich das alles ineinander. Deshalb ist es denkbar und durchaus verständlich, dass es Nefs vordinglichstes Anliegen war, sich diesen Fall vom Hals zu schaffen, koste es, was es wolle. Das hätte mit einer Schuldanerkennung nichts zu tun.
 
Zum allgemeinen und nicht zum speziellen Umfeld: Die US-Klageindustrie lehrte mehrfach, dass man Kläger mit Geld zum Schweigen bringen kann; diese lukrativen Bräuche schwappen nun auch in die Schweiz als gelehrige US-Schülerin über, wobei die Ansätze hierzulande noch eher ländlich sind. Auch die Gegenwart liefert ein Beispiel dafür: Im Moment wird gerade die Schweizer Grossbank UBS im Zusammenhang mit dem Fall Bradley Birkenfeld verhört – es geht um die Plünderung und Zerstörung von Steuerparadiesen und erklärtermassen um die Zerschlagung des Schweizer Bankgeheimnisses. Die angeschuldigten Banken aus dem alten Europa (Schweiz und Liechtenstein) müssen sich von den USA Al-Capone-Methoden vorwerfen lassen – im Anklang an einen der berüchtigtsten Verbrecher Amerikas. Die US-Ratingagenturen, die Hypothekenschund mit dem höchsten Qualitätssiegel schmückten, brauchen sich solche Kritiken nicht anzuhören; sie haben Narrenfreiheit wie alle, die den US-Interessen dienen. Das US-Weltherrenvolk geniesst volle Immunität, wie jedermann weiss. Wer aber hereingefallen war und die dekorierten, wertlosen Papiere weiterverkaufte, wird zur US-Kasse gebeten, die neoliberale Auffassung von Recht. – So weit ein Einschub zur übergeordneten Lage mit dem Zweck, das aktuelle Umfeld etwas zu erhellen.
 
Manches ist nicht mit Geld wiederherzustellen. Der Armeechef, der als zupackender Ostschweizer mir sogleich sympathisch war, hat sein Ansehen und seine Glaubwürdigkeit leider schon im 1. Jahr seines Wirkens weitgehend verspielt, selbst wenn er mehr Opfer als Täter gewesen sein sollte und er mit seinem Rufmord-Vorwurf an die Adresse einzelner Medien in Bezug auf übertriebene, unkorrekte Informationen Recht erhalten sollte, was durchaus möglich ist. Im ersteren Falle (Opfer) müsste man ihm Naivität vorwerfen, im anderen Fall wäre er moralisch angeschlagen, auch wenn sich alles innerhalb der Privatsphäre abspielte, juristisch abgesegnet und erledigt ist. Es wäre ja wirklich eine unwürdige Kinderei gewesen, wenn Nef seine Ex mit SMS und E-Mails bedrängt haben sollte, wie man lesen konnte, und wenn er der Amerikanerin damit Munition in die Hände gespielt hätte, die sie gegen ihn verwenden konnte. Wie soll ein Armeeführer im Generalsrang auf einem solch peinlichen persönlichen Hintergrund an der obersten Armeespitze klare Prinzipien durchsetzen und der von Samuel Schmid ohnehin bis zur Unkenntlichkeit heruntergewirtschafteten Truppe wieder zu etwas Bedeutung verhelfen?
 
Er wird aus moralischen Gründen und im Interesse der Armee mit der Zeit, früher oder später, möglicherweise gezwungen sein, das zu tun, was der „Tages-Anzeiger“ dem Samuel Schmid riet: „Time to Say Goodbye.” Das hat nichts mit versuchtem Rufmord zu tun, sondern es ist eine Feststellung im Interesse des Ganzen, des Ansehens der Schweiz und ihrer Armee. Das erträgt jetzt einfach keine vermeintlichen und tatsächlichen Skandale mehr. Es ist nicht Nefs Schuld, dass das Umfeld so delikat geworden ist. Diesbezüglich ist er ein Opfer der unhaltbar gewordenen Lage.
 
Ich würde gleich ein doppelte Bye-bye empfehlen – als eine freundliche Empfehlung, ohne jeden Rufmord-Hintergrund. Der amerikanische Ausdruck macht sich wegen der Nato-Nähe der CH-Armee hier für einmal nicht so schlecht.
 
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