Textatelier
BLOG vom: 28.10.2008

Geschichten, die der Alltag schrieb: „Gott stört den Unterricht!“

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
In diesem Blog erzähle ich amüsante und ungewöhnliche Ereignisse, die jeder in dieser oder anderer Form schon einmal erlebt hat. Es sind alltägliche Geschichten, die manchmal so komisch sind, dass man herzhaft lachen kann.
 
Am Wurststand gehts lustig zu
Jeden Samstag kaufe ich am Wurststand „Walter“ in Schopfheim D hervorragende Wurst ein. Es bildet sich jedes Mal eine kurze oder lange Schlange von Kauflustigen, die geduldig warten. Das ist immer kurzweilig, da sich die Leute ganz amüsant unterhalten. Eine Frau verlangte geschnittene Schinkenwurst. „Aber ich möchte darunter keine Zeitung lesen“, war ihre präzisierende Bemerkung. Sie wollte unbedingt dickere Scheiben haben. Ich erinnerte mich an einen Mann, der vor einiger Zeit auch geschnittene Wurst haben wollte. „Aber bitte ganz dünne Scheiben, ich bekomme Besuch“, bemerkte er listig grinsend. Er war wohl ein sparsamer Mensch und wollte seine Besucher gleichwohl mit vielen Wurstscheiben beglücken. Oder er hat nur geflunkert?
 
Was eine Cola-Flasche anrichtete
Am 20.10.2008 wurden SWR3-Hörer animiert, doch einmal ihre besonderen Erlebnisse zu berichten. Hier sind 2 davon: Eine Frau sah sich einen Film im Kino an. Ein Mann setzte sich neben sie. Dann passierte etwas, womit keiner gerechnet hatte: Ihre Cola-Flasche, die sie mit ihren Oberschenkeln festhielt, fiel nach unten. Die Frau erschrak gewaltig. Sie fiel nicht in Ohnmacht, nein, sie haute ihrem Nachbarn spontan eine Ohrfeige runter. Das war ihr anschliessend natürlich sehr peinlich.
 
Ein Mann wollte in einem Möbelgeschäft in Rheinland-Pfalz ein Wasserbett ausprobieren. Dieses Bett befand sich in einer Kabine. Dort legte er sich auf das schwankende Etwas und schlief selig ein. Um 3.00 Uhr morgens weckte ihn der Sicherheitsdienst, der seine Runde machte. Der Mann hatte Verständnis und liess ihn weiter schlafen. Er hat nicht verraten, ob er das Bett gekauft hat.
 
Die Hörer von SWR3 wurden auch aufgefordert, die besten Klassenbucheinträge einzusenden. In einem Buch stand dies: „Gott stört den Unterricht!“ Das wusste ich bisher nicht, dass Gott persönlich hier Unsinn treibt. Aber in einer Schule ist alles möglich. Dann kam die Erklärung durch eine Schülerin. Der Name des Umtriebigen hiess nicht Gott, sondern Gött.
 
Der verlorene Schlüssel
Am 22.10.2008 wollte ich das neue Domizil der Wissenschaftlichen Regionalbibliothek in Lörrach aufsuchen. Es ist eine Öffentliche Bibliothek mit Fernleihe in der Marie-Curie-Strasse 4. Ich wusste nur, dass sich die Bibliothek im 1. Stock der Berufsakademie in der Nähe des KBC-Areals und des Lebensmittelmarktes Hieber befindet. Frohgemut stellte ich meinen Wagen auf dem Hieber-Parkplatz ab (1 Stunde ist kostenfrei), wanderte im strömenden Regen und mit einem Regenschirm bewaffnet drauflos. Aber nirgends war die Strassenbenennung zu entdecken, geschweige denn eine Hausnummer. Dann folgte ein Griff in die linke Anoraktasche, und ich bemerkte, dass mein Wohnungsschlüssel fehlte. Ein kurzes Wühlen im Geldbeutel brachte keinen Erfolg. In der Regel lege ich den Einzelschlüssel in die Brieftasche oder auch in die linke Jackentasche, da ich nicht gern einen Schlüsselbund mit unzähligen Schlüsseln mit mir herumtrage. Bisher ging immer alles gut. Ich dachte mir, vielleicht sei der Schlüssel im Auto bei der Suche nach einem Taschentuch heruntergefallen. Und so war ich etwas beruhigt.
 
Was tun, wenn man die Strasse nicht findet? Das Navigationsgerät schlummerte friedlich bei meinem Schwiegersohn; aber ich hatte ja ein Handy dabei. Kurzer Anruf. Nach meinem Hilferuf folgte eine kurze Wegbeschreibung durch eine freundliche Dame der Berufsakademie, und nun wusste ich, wohin ich mich bewegen musste. Ich war vielleicht 100 Meter vom Ziel entfernt.
 
Dasselbe war mir vor Jahren schon einmal passiert, als ich in Calw den Weg zur Firma Börlind partout nicht fand. Durch einen Anruf mit dem Handy bekam ich eine exakte Wegbeschreibung. Da lernte ich das Handy schätzen, denn oft ist es doch so, dass kein Mensch auf der Strasse herumläuft, der mir Auskunft geben könnte. Oder man gerät immer an Ausländer oder Urlauber, die sich nicht auskennen.
 
In der Bibliothek liess ich mir einige regionale Bücher ausleihen. Dann ging es flugs zurück zum Auto. Ich stellte das Innenleben des Autos quasi auf den Kopf, fand aber den Schlüssel nicht. Auch kam mir nicht die Idee, den heiligen Antonius anzurufen, um Verlorenes wiederzufinden. Das habe ich als Kind zum letzten Mal gemacht. Uns wurde nämlich von Pfarrern und Eltern geraten (eingebläut), den Heiligen anzurufen, wenn wir etwas verloren hatten. Wir glaubten natürlich fest an den Heiligen, der sicherlich ein Wunder bewirken könne. Als ich vielleicht als 10-Jähriger einmal einen 20-Mark-Schein beim Einkaufen von Butter und Milch verlor, half das Gebet nur indirekt. Der Pfarrer verkündete von der Kanzel herunter das Ereignis und redete dem Finder dermassen ins Gewissen, dass er am nächsten Tag anonym das Geld ans Pfarramt sandte. Da war mein Glauben an den Heiligen und das Gute im Menschen wieder hergestellt. Das Gebet hatte ich vergessen, habe es aber soeben im Internet gefunden und nachgelesen (www.adorare.de/antonius.html).
 
Plötzlich fiel mir siedend heiss ein, dass ich vielleicht den Schlüssel im Türschloss stecken gelassen hatte. Auch das war mir früher schon einige Male passiert. Wir schliessen nämlich immer die Wohnungstür zu, damit unsere Katze Trixi nicht das Weite sucht. Sie weiss genau, wie man eine Tür öffnet. Sie springt hoch auf die Türklinke und drückt sie nach unten. Und schon ist sie entwischt. Da freut sich nicht nur die Katze, sondern in diesem Fall auch ein Einbrecher. Eine solche Einladung zur Wohnungsausräumung (indem ein Schlüssel steckt) hat er wohl noch nie bekommen. Kaum war ich auf dem Parkplatz vor unserem Wohnhaus, sauste ich in den 2. Stock und lugte auf das Schloss. Der Schlüssel war nicht zu sehen. Alle Sorgen waren also umsonst. Aber wo war denn der Schlüssel? Da kam mir urplötzlich eine Idee. Bevor ich nach Lörrach gefahren war, hatte ich an der hiesigen Esso-Tankstelle Sprit getankt. Dabei könnte doch der Schlüssel beim Wühlen in der Jackentasche herausgefallen sein, dachte ich mir. Also flugs zur Tankstelle. Und siehe da, den Schlüssel hatte ein ehrlicher Finder dort abgegeben. Hocherfreut verliess ich den Tankwart und ging zu meinem Vehikel. Und was fand ich auf dem Boden? Ein kupferglänzendes 1-Cent-Stück, also eine Art „Glückspfennig“.
 
Vielleicht wurde meine Ehrlichkeit belohnt. Vor 2 Wochen fand ich einen silbernen Anhänger in Form eines Herzens. Das schöne, aber kalte Herz brachte ich auf das Fundbüro.
 
Ihr Geld ist sicher
Am 21.10.2008 hielt Prof. Horst W. Opaschowski auf Einladung der Sparkasse Schopfheim-Zell in der vollbesetzten Stadthalle den Vortrag „Wie werden die Deutschen 2030 leben?“ Just als ich Platz genommen hatte, setzte sich eine mir bekannte Frau neben mich. In ihrem Schlepptau befand sich ein weisshaariger, älterer Begleiter, der sich als „Chauffeur“ zu erkennen gab. Wir kamen ins Gespräch. Als der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Schopfheim-Zell, Lothar Müller, bei der Begrüssung des Referenten sagte, dass die Einlagen bei der Sparkasse sicher seien, sagte ich, zu dem Weisshaarigen gewandt: „Das hatte der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm auch gesagt: Die Renten sind sicher, nun kann man dies auf die Banken anwenden mit den Worten ,Euer Geld ist bei uns sicher’.“ Da schüttelte der Weisshaarige den Kopf und meinte, man solle doch sagen: „Ihr Geld ist bei uns sicher, das ist korrekt, aber die Banker meinen wohl etwas ganz anderes, nämlich: ,Unser Geld ist sicher’.“ Da wurde ich wegen des, „euer“, „ihr“ und „unser“ für einen Augenblick ganz wirr im Kopf." Daraufhin fragte ich ihn, ob er Germanistikprofessor sei. Da grinste er und meinte, er sei Demagoge.
 
Da war ich nun doch überrascht. Ein Demagoge ist ja ein Volksverführer und Aufwiegler. Der Mann meinte dies wahrscheinlich nicht im Ernst. Aber bald darauf dachte ich mir, er könnte mit seiner Charakterisierung Recht haben, denn er kommentierte laufend die eine oder andere Bemerkung des Redners. Dazu einige Beispiele: Als der Referent die deutschen Rentner mit den französischen verglich – der Referent meinte, der Deutsche stehe um 7.00 Uhr auf und arbeite nach dem Frühstück im Garten, während der Franzose um 9.00 Uhr aufstehe, frühstücke und gemütlich einen Cognac trinke – schüttelte der Betagte den Kopf und sagte: „Die Franzosen trinken doch Rotwein!“
 
Als der „Zukunftspapst“ Opaschowski auf das zu erwartende Lebensalter bis Ende des 21. Jahrhunderts in Deutschland einging – er behauptete, Frauen würden 92 Jahre alt werden und Männer 87 Jahre auf dieser Erde weilen – meinte der Demagoge: „Da haben aber die Erben schlechte Karten, die müssen lange warten, bis sie an ihr Geld kommen.“
 
Am Schluss des Vortrags übergab Lothar Müller dem Referenten einen Schnaps aus der Region und sagte: „Sollten Sie einen Zukunftsschock bekommen, dann hilft ihnen dieses Hochprozentige sicherlich darüber hinweg.“
 
Gelegentlich werde ich ein Blog über diesen sehr interessanten Vortrag verfassen. Wer jetzt schon neugierig ist, dem empfehle ich das Buch „Deutschland 2030. Wie wir in Zukunft leben“ (aus dem Gütersloher Verlagshaus).
 
Die verschwundenen Klopapier-Rollen
Eine mir bekannte Frau aus München suchte in den letzten Wochen verzweifelt eine Putzfrau. Sie gab eine Anzeige auf und erhielt 39 Zuschriften. Aber keine sagte ihr zu. Sie brachte ihr Problem einer Bekannten vor und erhielt eine Empfehlung. Sie könne jederzeit ihre Putzfrau empfehlen. Sie sei sauber, fleissig und zuverlässig. Nur ein kleines Problem habe sie: „Jedes Mal verschwindet sie nach dem Reinigen ihrer Wohnung mit 2 Klopapier-Rollen. Aber sonst ist sie ehrlich.“ Da verzichtete meine Bekannte auf die Empfehlung. Sie dachte sich, wenn die Frau Papierrollen klaue, dann wohl auch andere Dinge.
 
Da kam mir wieder ein seltsames Verhalten eines Akademikers in den Sinn. Dieser war als Geizhals verschrien. Wie mir eine seiner Mitarbeiterinnen erzählte, packte er nach Dienstschluss die eine oder andere Klopapier-Rolle ein und nahm sie mit nach Hause. Die Sparsamkeit trieb weitere Blüten. Wenn seine Frau ihn im Betrieb sprechen wollte, liess sie es dreimal klingeln. Dann legte sie auf. Nun wusste der Geizkragen, dass ihn seine Frau sprechen wollte. Er rief dann auf Firmenkosten zurück. Der Akademiker war kein Schotte oder Schwabe.
 
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Hatten auch Sie, verehrte Leserin und verehrter Leser, merkwürdige und ungewöhnliche Erlebnisse? Über jede Zuschrift freuen wir uns.
 
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