Textatelier
BLOG vom: 27.12.2009

Verlorene Gegenstände und andere Vergesslichkeiten

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Ich bin gewiss keine Ausnahme. Wohl jeder Leser und jede Leserin werden bestätigen, dass sie ebenfalls viele Gegenstände unterwegs, sogar in der eigenen Wohnung, verloren haben. Heute trage ich keine Handschuhe mehr, selbst im kaltesten Winter. Entweder verliere ich einen oder beide. Desgleichen geschieht mir mit den Manschettenknöpfen. Einen aus Gold und mit Türkisen besetzt habe ich in Zürich verloren. Sogar mein Autofahrausweis, ebenfalls in Zürich erworben, ist unauffindbar. Immerhin konnte ich mir einen englischen sichern, da mir ein Duplikat des alten Fahrausweises zugestellt wurde. Ach ja, auch Brillen. Aber darüber habe ich bereits geschrieben (siehe: 22.09.2009: Trick mit dem Verschwinden: Aus dem Leben der Brille).
 
Was ich als verloren glaubte, stellt sich beim Suchen oft als bloss ein „Verlegen“ heraus. Das passiert mir meistens mit Blättern aus meiner Druckgrafiksammlung. Gedankenlos hatte ich dieses und jenes Blatt in einen Stoss geschoben. Da es bei mir zuhause viele Stösse gibt, sind meine Suchaktionen sehr zeitaufwändig. Desgleichen meine Suche nach Geschäftsbelegen, die ich zum Aufbereiten des Jahresabschlusses brauche.
 
Lily war es schliesslich Leid, dass ich sie immer wieder fragte, ob sie dieses oder jenes Dokument gesehen habe und ob sie wisse, wo es sei. Nach und nach hat sie die Administration meiner Papiere übernommen, seien es Bankbelege, Kontoauszüge, Versicherungspolicen, Rechnungen aller Art usf. Alle diese Papiere werden jetzt von ihr chronologisch geordnet in die Ordner abgelegt.
 
Vor wenigen Wochen sichtete ich bei der Bushaltestelle einen Kugelschreiber. Solche lasse ich nicht einfach liegen. Man kann ihrer nicht genug haben, denn sie verschwinden wie „Weggli“. Also sackte ich ihn ein. Ich zeigte ihn Lily. Sie lachte hellauf: „Das ist Dein Kugelschreiber! Schau, sogar Dein Name ist eingraviert, nur das H fehlt im Namen.“ Ich staunte, denn ich habe fürwahr nicht an der Stelle gestanden, wo das Schreibgerät auf dem Asphalt lag, sondern entdeckte es gut 3 Meter von mir entfernt. Wer treibt solchen Schabernack mit mir?
 
Von solchen und ähnlichen Erfahrungen gewitzigt, bleiben meine bevorzugten Schreibgeräte im Haus. Auch meine beste Brille. Am liebsten ich auch, damit ich mir nicht abhanden komme.
 
Wie steht es mit dem Autoschlüssel und den Hausschlüsseln? Diese Frage lasse ich unbeantwortet.
 
Gibt es Dinge, die man am liebsten verlieren möchte? Ja, gewisse lieb- und achtlos ausgewählte Geschenke. Wir bringen sie in einen Wohlfahrtsladen (Charity Shop).
 
Mehrmals ist es mir passiert, dass ich nicht mehr wusste, wo ich mein Auto parkiert hatte. Das ist sehr penibel. Hat man des Vehikel in einem der riesigen Autoparkplätzen in Heathrow, Gatwick oder Stansted abgestellt? Solche Vergesslichkeiten haben im Nachhinein manche Albträume ausgelöst. Träume, wird gesagt, seien von kurzer Dauer. Aber ich habe stundenlang, ausgerechnet in meinem einstigen Arbeitsort in Croydon, in einem Parking-Turm mein Auto gesucht, und wusste selbst nicht mehr, welche Marke und Farbe … Wenn das nicht tief blicken lässt! Immerhin fand ich es zuletzt und konnte beruhigt weiterschlafen.
 
Auf eines lege ich grossen Wert: Mein Lesefutter, also Bücher. Diese bleiben recht ordentlich in meinen Büchergestellen aneinander gereiht oder gestapelt. Längst leihe ich, aus triftigen Gründen, keine Bücher mehr aus. Ausgeliehene Bücher kommen selten zurück.
 
Es ist mir ein grosser Trost, dass ich in meinen Gedankenhaushalt auf Ordnung halte, unterstützt von einem recht zuverlässigen Gedächtnis. Wie sonst könnte ich schreiben? Wie steht es mit den Einfällen? Ich weiss nie im Voraus, wann mich einer überrumpelt. Nachtsüber, in einem inzwischen verlorenen Traum, tauchte ein Herr Professor Streichholz auf, der in Heidelberg unterrichtet, und von seinen Studenten auch Zündholz genannt wird, wegen seines aufflammenden Temperaments.
 
Anstatt meine Litanei über verlorene Gegenstände weiter zu verfolgen, hat mich Professor Streichholz vom Thema abgelenkt. Höchste Zeit!
 
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