Textatelier
BLOG vom: 08.02.2011

Gedächtnis 1: Vergesslichkeit, Fast Food, Hirnschrumpfung

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Wer ein schlechtes Gedächtnis hat, wird nicht darum herum kommen, seine Fehler zu wiederholen.“
(Aus Indien)
 
„Wer immer die Wahrheit sagt, kann sich ein schlechtes Gedächtnis leisten.“
(Theodor Heuss)
 
„Nichts wird langsamer vergessen als eine Beleidigung und nichts eher als eine Wohltat.“
(Martin Luther)
*
„Ich habe ein Gedächtnis, wie ein Elefant“, hörte ich kürzlich von einer 75-Jährigen, die lange Zeit als Journalistin ihr Auskommen hatte. Sie kann sich besonders gut an Details von Ereignissen vergangner Zeit erinnern, so zum Beispiel an Gespräche, Begegnungen und auch an Urlaubserlebnisse.
 
Ich bewundere die Menschen, die ein exzellentes Gedächtnis haben. Das beobachte ich immer wieder bei Besuchen in Gaststätten. Da gibt es Bedienungen, die im Kopf alles zusammenrechnen können. Ist dies der Fall, lohnt sich vielleicht das Nachrechnen und man kann schnell herausfinden, ob man noch im Kopfrechen firm ist.
 
Das Kopfrechnen stellte ich kürzlich bei meinem Enkel unter Beweis. Er staunte nur so, als ich 2 zweistellige Zahlen multiplizierte. Er sagte dann nur dies: „Dass Du das als Opa noch kannst!“ Gelernt ist gelernt. In der Schule mussten wir das Kopfrechnen üben und wieder üben. Die heutige Schulgeneration kann das wohl nicht mehr so gut.
 
Als ich kürzlich nach längerer Zeit wieder einen Backstand auf dem Schopfheimer Wochenmarkt aufsuchte, sprach mich die Verkäuferin an, ob ich wieder ein Berliner Landbrot kaufen wolle. Ich wunderte mich, dass sie das noch wusste. Auch bei anderen Kunden verblüffte sie den einen oder anderen mit den Kaufgewohnheiten.
 
Oder ein anderes Beispiel: Es gibt besonders unter dem Verkaufspersonal solche, die ein phänomenales Namensgedächtnis haben. Sie können dann ihre Kunden mit dem richtigen Namen ansprechen.
 
Die Kehrseite der Medaille: Nicht nur Ältere, sondern auch Jüngere haben Gedächtnislücken. So begrüsste kürzlich auf dem Schopfheimer Markt ein Mann einen Bekannten so: „Verflixt, ich habe Ihren Namen vergessen. Aber Sie wissen ja, wie Sie heissen.“
 
Auch ich habe manchmal Schwierigkeiten mit Namen. Wenn ich nicht weiss, wie das Gegenüber heisst, lasse ich bei der Begrüssung den Namen einfach weg. Oder, wenn ich den Bekannten schon in der Ferne sehe, überlege ich mir, wie der Bursche heisst.
 
Als ich das Thema kürzlich mit Wanderkollegen besprach, kam heraus, dass das normale Vergessen gang und gäbe ist. Tröstlich, dass auch andere Probleme mit einem nachlassenden Gedächtnis haben.
 
Peinlich wird es, wenn 2 Personen mit demselben Namen angesprochen werden. Dies geschah während meiner aktiven Arbeitszeit bei Novartis in Wehr (Baden). Da begrüsste der immer freundliche Direktor der Firma meinen Arbeitskollegen und mich so: „Guten Morgen, Herr Scholz.“  Wir sahen darüber hinweg. Ich dachte mir, vielleicht bekomme ich dann das doppelte Gehalt.
 
Auch die Dame mit dem Elefantengedächtnis weiss nicht immer alles. So bringt sie heute doch einige Dinge durcheinander. Wenn ich ihr dann sage, das war so und so, dann ereifert sie sich und sagt bestimmend: „Da haben sie etwas durcheinander gebracht, das war nicht so.“ Ich denke mir dann meinen Teil und komme zur Erkenntnis, dass kein Mensch immer das Gedächtnis eines Elefanten haben kann.
 
„Ich glaube, ich leide schon unter Demenz“, höre ich immer wieder von Leuten, die mit Gedächtnislücken zu kämpfen haben. Ab und zu wird auch der Verdacht geäussert, dass sich daraus die häufigste Form der Demenz, die Alzheimer Krankheit, entwickeln könnte.
 
Keine Angst, ihr lieben Leute. Ein Arzt meinte kürzlich, die Vergesslichkeit allein bedeute noch keine Demenz. Das ist tröstlich.
 
Bei einer Demenz nehmen die Gedächtnisleistung und das Denkvermögen ab. Dazu Dr. med. Alexander Reinshagen (www.netdoktor.de): „Betroffene haben Schwierigkeiten, neue gedankliche Inhalte aufzunehmen und wiederzugeben (…) Beeinträchtigt werden die Orientierung (Wo bin ich? Was passiert gerade?) und Urteilsfähigkeit. Später lassen das Sprach- und Rechenvermögen nach und auch die Persönlichkeit verändert sich (…).“
 
Zurzeit gibt es unter den 65- bis 69-Jährigen 2 % Demenzkranke, die Anzahl steigt dann vermehrt bei den über 80-Jährigen (80 bis 84-Jährige: 10 %; bei den 90-Jährigen sind es schon über 30 %).
 
Da können wir alle noch beruhigt sein. Wir als Wanderer jenseits der 60 Jahre werden immer wieder mit neuen Eindrücken konfrontiert. Manche können sich noch nach Jahren an diese oder jene Wegbegehung erinnern. Wenn jedoch ein Kamerad sich von einem „Führer“ leiten lässt und nicht so genau auf den Weg achtet, hat er nur eine blasse Erinnerung. Das beobachtete ich auch bei mir. Wenn ich mit einem Wanderfreund zum Ausgangspunkt einer Wanderung mitfahre, achte ich nicht genau auf den Strassenverlauf, sondern betrachte mir die vorbeiziehende Landschaft. Sollte ich diese unbekannten Strassen dann mit einem eigenen Pkw abfahren, muss ich mich neu orientieren.
 
Ich denke dann, warum sollte ich denn das Gehirn unnötig strapazieren! Man muss ja unzählige Eindrücke und Erlebnisse täglich verarbeiten.
 
Dies erfuhr ich auch von einem Bekannten. Er schreibt sich immer Stichpunkte auf, die er am nächsten Tag in seinem Arbeitsleben erledigen muss. Bevor ich zum Einkaufen gehe, schreiben meine Frau oder ich einen Zettel mit den zu besorgenden Lebensmitteln. Dies sollten jedoch alle so machen, dann kauft man nur die Sachen ein, die auf dem Zettel stehen. Aber das funktioniert natürlich nicht immer. Wenn ich leckere Lebensmittel entdecke, entscheide ich mich spontan zum Kauf.
 
Was Fast Food anrichtet
Betrachten wir zunächst einmal, was eine dauerhafte Aufnahme von Fast Food unter anderem auch in unserem Kopf anrichtet.
 
In meinen Berichten „Fast Food zum Abgewöhnen“ (Glanzpunkte-Artikel) und „Neue Studien(1): Alkohol macht schön, Fast Food hässlich“ (Blog vom 08.09.2008) wies ich schon daraufhin, was Fast-Food-Folgen sind. Diese Ernährung macht nicht nur dick und krank (Ernährungsexperiment vom US-Regisseur Morgan Spurlock), sondern auch hässlich. Durch eine verminderte Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen und anderen wichtigen Begleitstoffen leidet auch die Haut. Sie schrumpelt und wird fahl. Als ich die Zeitungs-Schlagzeile „Fast Food macht hässlich“ einer Wirtin erzählte, entgegnete sie temperamentvoll: „Das war mir sonnenklar, wir machen alles selber, sogar unsere Kinder.“ Das kann ich bestätigen, nicht die selbst fabrizierten Kinder (ich war ja nicht dabei), sondern das gute Essen mit regionalen oder selbst angebauten Produkten. Die Speisen schmeckten vorzüglich.
 
Ernährungswissenschaftler brachten durch eine Umfrage dies heraus: 87 % der Jugendlichen empfinden Fast Food (auch als Junk Food bezeichnet; junk = Müll) als ungesund. Neue Studien bestätigen die Ergebnisse der früher durchgeführten Untersuchungen.
 
Das Team um Antonio Convit vom Nathan Kline Institute für Psychiatrieforschung in New York fand heraus, dass Übergewicht und falsche Ernährung ganze Hirnregionen schrumpfen lassen (Publikation in „Brain Research“). Die Forscher untersuchten die Gehirne von 44 übergewichtigen und 19 normalgewichtigen gesunden Menschen, die über 50 Jahre alt waren, mittels Magnetresonanztomografie (MRT). Ausserdem bestimmten die Forscher den Gehalt von Fibrinogen im Blut. Erhöhte Werte deuten nämlich auf Entzündungsprozesse im Nervensystem hin. Die übergewichtigen Personen hatten höhere Fibrinogenwerte und Strukturschäden im Gehirn. Bei diesen Patienten wurde ein ungezügeltes Essverhalten registriert.
 
Paul Thompson von der kalifornischen Universität Los Angeles registrierte ebenfalls bei Übergewichtigen schrumpfende Hirnregionen (Veränderungen im Mandelkern und Orbitofrontalkortex). „Dies sind berühmte Regionen in der Suchtforschung. Sie regulieren nicht nur Appetit und Heisshunger, sondern auch Entscheidungsprozesse, die jemanden zum Beispiel von gefährlichen Handlungen abhalten. Ernährung und Übergewicht könnten also langfristig die Selbstkontrollfähigkeit insgesamt beeinflussen (…). Die Zeichen häufen sich, dass auch Demenzerkrankungen durch Ernährung, Übergewicht und die damit verbundenen Entzündungs- und Gefässprobleme begünstigt werden“, sagte Thompson.
 
Eine spanische Studie (publiziert im US-Online-Journal „PLos ONE“), die an mehr als 12 000 Freiwilligen im Zeitraum von 6 Jahren von den Universitäten von Navarra und Las Palmas durchgeführt wurde, ergab Folgendes: Eine falsche Ernährung mit industriell gehärteten Transfettsäuren sowie gesättigten Fettsäuren, die in Industrie-Backwaren und Fast Food vorkommen, erhöhte das Risiko, an Depressionen zu erkranken. Zu Beginn der Studie litt kein Teilnehmer unter einer Depression. Nach der Studie wurde diese Krankheit bei 657 Testpersonen diagnostiziert. Teilnehmer mit einem hohen Konsum an Transfettsäuren hatten ein um 48 % höheres Erkrankungsrisiko im Vergleich zu denjenigen, die ungesättigte Fettsäuren aufnahmen.
 
In einer früheren Studie, die in der US-Zeitschrift „American Journal of Psychiatry“ publiziert wurde, konnte dieser Zusammenhang ebenfalls beobachtet werden. 1000 Frauen wurden in diese Studie einbezogen. Frauen, die dauerhaft Fast Food, Pommes frites, Weissbrot und stark zuckerhaltiges Essen aufnahmen, hatten ein um 50 % höheres Risiko, eine Depression zu bekommen als bei den anderen Teilnehmerinnen. 
 
Was können wir tun, um unser Gedächtnis auf Vordermann zu bringen? Nur soviel sei jetzt schon verraten: Von besonderer Wichtigkeit ist nicht nur ein Gehirnjogging (da haben wir Blogger im Textatelier.com die ausgezeichnete Möglichkeit, das Gehirn zu trainieren), sondern auch die richtige Ernährung (Vollwertkost, vegetarische Ernährung, Mittelmeerkost usw.).
 
Im 2. Teil erfahren Sie, welche Denksporthelfer uns zur Verfügung stehen. 
 
Internet
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,739937,00.html („Junkfood lässt Gehirn schrumpfen“)
www.medscape.com/viewarticle/7152239 („Whole Diet May Ward Depression and Anxiety“)
 
Hinweis auf weitere Blogs über Fast Food
 
Hinweis auf einen Glanzpunkte-Artikel von Heinz Scholz
 
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