Textatelier
BLOG vom: 23.09.2011

Apfel-Sterbehelfer: Die Monilia-Pilze sorgen für Fruchtfäulnis

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Mein Ontario-Apfelbäumchen, 1979 vor dem Garten in den Südhang gepflanzt, bereitet mir im Moment wenig Anlass zu Freude. Es steht zwar stramm da, aber die noch grünen Äpfel fallen einer nach dem anderen ab. Sortenbedingt scheint dieser Vorgang nicht zu sein, denn ein verwilderter Wildapfelbaum auf einem Nachbargrundstück zeigt die gleichen Bilder.
 
Die heranreifenden Früchte sind vom Pilz Monilia (Fruchtmonilia) befallen, der die Fäulnis einleitet. Wie ich von Hermann Zulauf, Baumschulist in Schinznach-Dorf AG las, beginnt das Monilia-Elend im Frühjahr bei nasskalter Witterung, wenn der Pilz Blütenmonilia eine Blüten- und Zweigdürre verursacht. Daraus entsteht dann das, was man später als Fruchtmonilia bezeichnet. Laut Wikipedia heissen die Erreger bei Apfel und Kirsche vor allem Monilia laxa, Monilia fructigena und Monilia fructicola – das sind nur 3 von etwa 36 Arten. Die Sporten werden durch Wind, Regen und Insekten verschleppt. Auf die Quitten hat es die Molinia linhartiana abgesehen.
 
Diesbezüglich herrschen bei mir geradezu ideale Voraussetzungen. Wespen fühlen sich bei uns sehr wohl; meistens essen wir im Freien gemeinsam mit ihnen. Und seit einigen Tagen baut ein Hornissenschwarm ein über 1 Meter langes Nest aus zerkautem Holz unter dem Dachgiebel auf der Ostseite unseres Hauses, wo die Schlafzimmer sind. Doch im gegenseitigen Interesse verzichten wir auf ein gemeinsames Schlafen, denn mit dem Schlaf vertrödeln die Hornissen ihr kurzes Leben nicht. Nur bei kühlem Wetter sind sie weniger motiviert, nestbauerisch tätig zu sein oder Beuteflüge zu unternehmen. Sie arbeiten im Übrigen rund um die Uhr, fliegen am offenen Schlafzimmerfenster vorbei und sind froh, in Ruhe gelassen zu werden.
 
Hermann Zulauf hat feststellt, dass Wespen und Hornussen in der Lage sind, die Schalen von Früchten (Kern- und Steinobst) zu perforieren und damit Einfallsstellen für dem Monilia-Pilz zu schaffen. Auch Verletzungsstellen erfüllen den gleichen Zweck. Der Pilz richtet anschliessend im Fruchtinneren sein Unheil an, färbt es braun; es wird matschig. Die befallenen Früchte werden aussen von graugelben, konzentrischen Kreisen (Pilzfruchtkörper, Apothezien) umgeben, die zwar recht kunstvoll aussehen; aber auf solche Naturschönheiten würde man gern verzichten, auch wenn man dem Vernehmen nach mit dem Auge isst. Wer isst schon faule Äpfel! Eine Überdüngung des Bodens (zu viel Stickstoff) kann bei mir nicht die Ursache sein, da ich keinen Kunstdünger einsetze, wohl aber etwas Kompost aus eigener Bioproduktion.
 
Als Weg ins Nirwana, das nicht der Kompost sein darf, stehen den Moniliaäpfeln 2 Varianten zur Auswahl. Die einen lassen sich zum Boden fallen, wo sie zu einem bräunlichen Apfelmus werden. Der kleinere Rest bleibt am Baum, schrumpelt ein, wo etwas wie eine Mumifizierung, wie man sie bei Leuten meines Alters immer wieder einmal beobachten kann. Die Fruchtmumien, für die sich kein Archäologe interessiert, sind aber in der Lage, gesunde Früchte anzustecken, wenn sie diese berühren, wie ich selber beobachtet habe.
 
Wer sein Einkommen vom Fruchtanbau generiert, kann natürlich nicht zusehen, wie die Früchte seines landwirtschaftlichen Tuns faulen und zu Matsch oder Schrumpfgebilden werden. Deshalb bietet die Agroindustrie ein Arsenal von Kombi-Pflegemitteln an – nicht zur Pilz-, sondern zur Fruchtpflege. Ich sammle die befallenen Früchte einfach ein, immer im Wissen, dass ich nicht die letzte Spore auch noch erwische. Chemieäpfel esse ich nicht.
 
Es ist beeindruckend, welche Fülle von Erregern mit uns um unser Obst konkurriert: Apfelwickler, Apfelschalenwickler, Kirschenfliege, Rote Spinne, Gemeinde Spinnmilbe und Raubmilbe, Schorf an Kernobst (was ich eher als Qualitätsmerkmal betrachte), Birnblattsauger, Apfel- und Pfirsichmehltau, und auf Kastanienbäume haben sich Miniermotten spezialisiert. Ich kann mir das nur damit erklären, dass es eben noch andere Lebewesen gibt, die sich ihren Anteil am süssen Segen sichern wollen und dass auch Äpfel nicht für die Ewigkeit geschaffen sind. Und der Zerfall kennt ganz unterschiedliche Formen.
 
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