Textatelier
BLOG vom: 19.06.2013

Es war einmal: Von Märchen, vom Glauben (Lebensläufe)

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
 

„Das Märchen ist ein Gleichnis über den unwissenden Menschen.“

Sulamith Sparre, geb. 1959, Autorin von Biographien, u. a.

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„Gern glauben die Menschen das, was sie wollen." 

Julius Caesar, Der Gallische Krieg, 3, 18.

Es war einmal
ein Mädchen, das an den Klapperstorch, der die Babys bringe, glaubte, weil ihre Mutter sich scheute, sie aufzuklären. 9 Monate später legte das Mädchen ihr Kind in die Babyklappe beim örtlichen Krankenhaus.
 
Es war einmal
eine Mutter, die der Leitung eines katholischen Internats glaubte, ihr Sohn sei dort besser aufgehoben als in einer staatlichen Schule. Ein Jahr später nahm der Sohn sich das Leben, weil er den Nachstellungen eines pädophilen Lehrers und den sexuellen Missbrauch nicht mehr ertragen konnte.
 
Es war einmal
ein junger Mann, der einem indischen Guru glaubte, jeglicher Besitz sei von Übel. 2 Jahre später fand sich der Mann im deutschen Konsulat wieder und bat um Hilfe, wieder nach Deutschland zurück reisen zu können, um zu Haus von seinen Krankheiten und seiner Unterernährung  zu genesen.
 
Es war einmal
ein Volk, das einem Parteiführer glaubte, sie sei die führende Rasse. Die Zeit unter Adolf Hitler brachte rund 60 Millionen Menschen den Tod.
 
Es war einmal
eine einfache Frau, die der Führung der Zeugen Jehovas glaubte, die Welt gehe bald unter und ihre gesamte Habe verschenkte, die sie nicht mehr brauchen würde. Die Welt ging nicht unter, und die Frau muss jetzt von Sozialhilfe leben.
 
Es war einmal
ein junger Mann, der im islamischen Glauben erzogen worden war und dem man versprach, im Himmel von Jungfrauen verwöhnt zu werden, wenn er sich in einem öffentlichen Bus in die Luft sprengen würde. Er starb mit 30 anderen Menschen, es ist unwahrscheinlich, dass die Voraussage je eintreffen wird.
 
Es war einmal
ein Mensch, der glaubte, dass das herrschende Wirtschaftssystem nur Wohlstand bringen werde. Er muss jetzt mit dem Verlust seiner Aktien leben, die ihm die Grundlage dazu verschaffen sollte.
 
Es war einmal
ein Afrikaner, dem versprach ein Schlepper, ihn ins gelobte Europa zu bringen, in dem er reich werden könne. Das überfüllte Schiff auf dem Weg nach Lampedusa kenterte und der Afrikaner ertrank.
 
Es war einmal
eine junge Frau, die glaubte, Gott würde sie vor allen Gefahren beschützen, wie es ihr von den Priestern gesagt worden war. Sie wurde von einem Auto angefahren und ist ihr Lebtag querschnittgelähmt.
 
Es war einmal
ein Ehepaar, das glaubte, wenn es alles tun werde, damit die Kinder eine gute Ausbildung bekommen, würden sie im Alter für sie sorgen. Im Altersheim stellten sie fest, dass ihre Kinder sie vergessen hatten, denn sie bekamen nie Besuch von ihnen.
 
Es war einmal
ein junges Paar, das glaubte, ihre Liebe dauere bis zum Tod und dies denn auch vor dem Traualtar gelobten. Ein paar Jahre später war die Ehe so zerrüttet, dass beide ihre eigenen Wege gingen.
 
Es war einmal
ein junger Mann, der glaubte, durch ein schickes Auto mehr Anerkennung unter seinen Bekannten und Arbeitskollegen bekommen zu können und mehr Chancen bei Frauen zu haben. Noch 10 Jahre danach muss er den Kredit dafür abbezahlen; der gewünschte Erfolg aber blieb aus.
 
Es war einmal
ein Student, der glaubte, wenn er sein Neigungsfach studieren und einen guten Abschluss erreichen würde, hätte er auch Chancen auf einen attraktiven Job. Als promovierter Geisteswissenschaftler fährt er seit 2 Jahren Taxi in Berlin.
 
Es war einmal
eine junge Frau, die glaubte, nur als Schlanke würde sie den Mann ihrer Träume bekommen. Ihre Bulimie war tödlich.
 
Es war einmal
ein junger Mann, der nach umfangreichem Studium seinen eigenen Lebensweg einschlug und keinen Versprechungen glaubte. Er hat viel Freude am Leben.
 
Es war einmal
ein Mensch, der glaubte, wenn er Lotto spiele, werde er eines Tages reich. Er hoffte sein Leben lang und starb im Glauben.
 
Es war einmal
ein Komponist, der glaubte, Musik zu schreiben, die die Zeiten überdauere. Heute ist er völlig vergessen.
 
Es war einmal
eine Schauspielerin, die glaubte, Erfolg mache glücklich. Sie wurde damit nicht fertig und nahm sich das Leben.
 
Es war einmal
ein gewöhnlicher Mensch, der glaubte, Geld und Macht machten nicht glücklich. Er führt ein zufriedenes Leben im Kreise seiner Familie und Freunde.
 
Es war einmal
der Autor dieses Textes, der die Leser auffordert, noch mehr Märchen über Gläubige  in Lebensläufen von 2 Sätzen zu schreiben. Er wartet auf Zuschriften, die er allen Interessierten zugänglich machen will.
 
Sie, die Sie diesen Text lesen, sind nämlich nicht gestorben, Sie leben noch heute!
 
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