Textatelier
BLOG vom: 04.03.2014

Keiner will Genmais, dennoch soll er angepflanzt werden

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
 
„Genmais wird uns in der Schweiz aus den USA (Monsanto) via EU (US-Vasall) ebenfalls aufgezwungen. Eine entsprechende Lobby ist am Werk. Die breite Diskussion über diesen verfluchten Unfug findet nicht statt.
Der Anbau ist in der Schweiz verboten. Wie lange noch?“
Walter Hess
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Gentechnisch veränderter Mais will die Mehrheit der Bürger nicht, einige Wissenschaftler warnen vor der Aussaat von solchem Saatgut. Und trotzdem eiern einige regionale Bundestagsabgeordnet und andere Politiker herum; wahrscheinlich wollen sie der Gentech-Lobby zu Willen sein. Dabei wurde gefordert, Deutschland solle sich bei der Abstimmung in Brüssel notfalls im Alleingang gegen den Anbau des Genmaises sperren. Ein Leser der „Badischen Zeitung“ machte seinen Unmut in einer Zuschrift kund: „Ob solcher Absurdität stehen einem wirklich die Haare zu Berge.“ Dann richtete er einen Appell an die namentlich genannten regionalen Abgeordneten: „Nehmen Sie Ihr Mandat ernst, haben sie Rückgrat, seien Sie das, wozu Sie gewählt wurden: Volksvertreter, nicht parteipolitische Marionetten!“
Das Gesagte ist vollkommen zutreffend!
 
Gen-Mais 1507: „Ein Fest für die Raupen“
Die Sendung „ARD-Report München“ berichtete über die Erfahrungen des Anbaus von Gen-Mais 1507 in Brasilien. Der Mais, der mit einem Insektengift ausgestattet ist, sollte die Maisschädlinge vernichten. Die vollmundigen Versprechungen der Industrie – höhere Erträge, geringer Insektizideinsatz – entpuppten sich als heisse Luft. Die brasilianischen Bauern hatten 30-prozentige Ernteverluste, höhere Kosten für das Gentechnik-Saatgut und keine Reduzierung der Pestizide. Im Gegenteil, nach einiger Zeit musste sogar mehr gespritzt werden.
 
Professor Antonio Andrioli, Mitglied der brasilianischen Biosicherheitskommission, bezeichnet die Gentechnik „einen Rückschritt zu mehr Chemieeinsatz“.
 
Für die Konzerne ist das ein profitables Geschäft mit der Gentechnik. Sie verkaufen teures Saatgut, dann sogar vermehrt Insektizide. Der amerikanische Hersteller DuPont/Pioneer wirbt unter der sonderbaren Bezeichnung „Herculex“ für seinen „Wundermais“.
 
Nicht nur in Brasilien, sondern auch anderswo waren ähnliche Fehlschläge zu verzeichnen. In Porto Rico wurde Mais 1507 vom Markt genommen. Die Raupen des Heerwurms wurden nämlich resistent gegen den Gen-Mais. Ein wahres Fressfest für die Raupen! Dazu Prof. Andrioli: „Die Raupe hat das nur begonnen. Nach der Arbeit der Raupe sozusagen entwickelt sich jetzt eine Reihe von anderen Mikroorganismen, die jetzt diese Pflanze fressen. Das heisst, die Natur reagiert gegen den Eingriff in die Natur.“
 
Je mehr Genttechnikpflanzen angebaut werden, desto resistenter werden Insekten und „Unkräuter“. Resistenzen wurden auch in den USA beobachtet. Der Maiswurzelbohrer hatte wieder die Oberhand.
 
Jeder Landwirt weiss inzwischen, dass man durch Fruchtwechsel den Käfer zurückhalten kann. Diese Massnahme ist ackerbaulich und ökologisch sinnvoll. Aber unsere Politiker denken anders, viele wissen nämlich über die Problematik nicht gut Bescheid oder sind industriehörig bzw. -abhängig.
 
Die EU-Kommission hat angekündigt, grünes Licht für den Anbau von Gen-Mais 1507 zu geben. 12 Aussenminister haben in einem Brief die EU-Kommission aufgefordert, diesen Mais abzulehnen. Greenpeace empfiehlt jetzt, an das Bundeslandwirtschaftsministerium zu schreiben und bitten, den Anbau des Gen-Maises zu verhindern. Ich bin neugierig, was dabei herauskommen wird.
 
Ratten starben früher
Aufsehen erregten die Versuche von Prof. Gilles-Eric Séralini, Forscher der Universität Caen. Er fand heraus, dass die bedauernswerten Ratten, die mit dem Gentech-Mais NK603 von Monsanto gefüttert wurden, früher starben als gentechnikfrei ernährte Ratten. 50 % der Männchen und 70 % der Weibchen starben frühzeitig. Bei den Ratten, die gentechnikfrei mit Mais ernährt wurden, starben 30 % (Männchen) und 20 % (Weibchen). Die häufigste Todesursache waren Krebserkrankungen. Die Gentech-Lobby war aufgeschreckt, und ihr blieb nichts anderes übrig, als die Studie stark zu kritisieren.
 
Kampagne gegen Kritiker
Das Ergebnis der Studie wurde in der Fachzeitschrift „Food and Chemical Toxicology“ (FCT) publiziert. Dann passierte etwas Ungewöhnliches. Die Zeitschrift teilte nach über einem Jahr mit, die Publikation zurückzunehmen. Eine Zurücknahme im Nachhinein ist nur angebracht, wenn es Hinweise auf Betrug oder eine absichtliche Missinterpretation der Daten gäbe. Das war nicht der Fall. Einige gentechnikhörige Wissenschaftler kritisierten die Studie schon kurz nach der Veröffentlichung. Sie sagten, der Versuchsleiter habe krebsanfällige Ratten ausgesucht, ausserdem sei die Anzahl der Versuchstiere zu gering. Sustainable Food Trust, der die Studie finanziert hatte, betonte, auch bei anderen Studien, die für die Zulassung von GVO-Pflanzen zuständig sind, würden solche Tiere verwendet.
 
Ich vermute, dass gentechnik-kritische Wissenschaftler Ziel von Rufmord-Kampagnen sind. So wurde der mexikanische Wissenschaftler Ignacio Chapela denunziert, und der Ungar Arpád Pusztai verlor seinen Job.
 
Wie sich im Fall Séralini herausstellte, wurde 2013 ein neuer Mit-Herausgeber von FCT berufen. Dieser – Richard Goodman − arbeitete früher bei Monsanto. Es ist klar, dass so ein Forscher seiner früheren Firma nicht am Zeug flicken wollte (Quelle: „Schrot&Korn“, 2014-02).
 
Bienen und Marienkäfer sterben
Die EFSA hat ihre frühere Bewertung einer Gentech-Maissorte zurückgenommen. Grund: Es gibt jetzt neue wissenschaftliche Informationen. Jetzt wurde bekannt, dass der Gentech-Mais 59122 der US-Agrarchemiekonzerne Dow und Dupont Honigbienen und Marienkäfer schädigt.
 
Wissenschaftler der ETH Zürich (Jörg Schmidt, Angelika Hilbeck u. a.) beobachteten schon 2005, dass das von genetisch veränderten Pflanzen produzierte Bt-Toxin CryAb für Marienkäferlarven tödlich ist. 2009 folgte eine weitere Studie, die die Ergebnisse bestätigten. Die Forscher forderten, den Anbau von Mais MON 810 zu verbieten.
 
Nach der 1. Studien gab es starke Anfeindungen von anderen Wissenschaftlern. Die ETH-Forscher wurden als „Pseudo-Wissenschaftler betitelt. Die Kritiker führten danach Studien durch und kamen zu ganz anderen Ergebnissen. Bei der Überprüfung durch die ETH-Forscher wurde festgestellt, dass die Kritiker ein anderes Testverfahren anwandten. Dadurch konnte kein gleiches Ergebnis erzielt werden. Wer diesen unerhörten Vorgang nicht glauben will, der kann unter der angegebenen Internetadresse den Originalbericht zu den Forschungen lesen.
 
Anbauverbot für Gentech-Kartoffel
Wie „Schrot&Korn“ in der Ausgabe 02/2014 berichtete, darf die BASF-Gentech-Kartoffel Amflora nicht mehr angebaut werden. Der Europäische Gerichtshof hat die Genehmigung dazu entzogen. Der Grund waren nicht mögliche Schädigungen an Mensch und Tier, sondern ein Verfahrensfehler. So wurde ein Gutachten der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zu den Risiken der Kartoffel nicht vorgelegt. Umweltschutzverbände begrüssten dieses Urteil. Dazu Mute Schimpf von „Friends of the Earth Europa“: „Es ist an der Zeit, Umwelt und Menschen vor wirtschaftliche Interesse zu stellen.“
 
Siehe dazu meinen Blog vom 09.03.2010: „Gen-Kartoffel-Anbau: Amflora trotz riskanter Gene erlaubt“.
 
Kritische Presse gewürdigt
Der Naturarzneimittel- und Diätprodukte-Hersteller Salus vergibt seit 2010 den Salus Medienpreis. Die Firma würdigt damit wichtige Arbeiten zu den Themen Gentechnik und ökologisches Leben.
 
Folgende Arbeiten wurden im Oktober 2013 ausgezeichnet:
 
„Die Kuh ist kein Klimakiller“ (Autorin des provokativen Buches ist Anita Idel),
„Was Manager sagen – und was nicht“ (brisantes Hörfunkfeature des Journalisten Conrad Lay).
„Mission Gentechnik“ (Nachwuchspreis an Daniel Baumann; er schrieb den Artikel über die Bemühungen der amerikanischen Regierung, der Grünen Gentechnik zu einem positiven Image zu verhelfen).
Der Fotograf und Multimedia-Produzent Uwe H. Martin erhielt einen Sonderpreis für die iPad-Reportage „Killing Seeds“ (hier wurden die sozialen und ökologischen Folgen des Baumwollanbaus dargestellt).
 
Ich finde es verdienstvoll, dass sich Salus – bei dieser Firma hat Umweltschutz und Nachhaltigkeit seit fast 100 Jahre Tradition − für gentechnikfreie Landwirtschaft einsetzt und Preisträger ermittelt. Die Firma unter Leitung von Otto Greither hat erkannt, wie wichtig diese Landwirtschaft zum Wohle des Menschen, der Tiere und Natur ist. Diese Landwirtschaft hat in meinen Augen Zukunft. Die Gentechnik ist, wie schon Prof. Andrioli bemerkte, ein Rückschritt zu mehr Chemieeinsatz.
 
 
Internet
www.br.de (Das zweifelhafte Versprechen der Genlobby)
 
Literatur
Frühschütz, Leo: „Wirbel um Studie“, „Schroth&Korn“, 2014-02.
Scholz, Heinz: „Richtig gut einkaufen“, Verlag Textatelier.com, Bibersteine 2005.
Zimmerman, Dirk: „Gen-Mais 1507: ,Ein Fest für die Raupen`“, Online-Ausgabe von Greenpeace, 2014.
 
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