Weidbuchen sind bizarre Schönheiten
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim
Axel Mayer von der „Mitwelt Stiftung Oberrhein“ (www.mitwelt.org) bezeichnet die Weidbuchen als die schönsten Charakterbäume. Die landschaftsprägenden Bäume sind jedoch durch den Klimawandel gefährdet. Prächtige Exemplare gibt es im Schwarzwald, den Vogesen, der Schwäbischen Alb und auch auf Korsika. „Die katholische aller Weibuchen ist die alte Buche beim `Balzer Herrgott` in der Nähe der Ortschaft Wildgutach im Schwarzwald.“ Anlässlich einer Wanderung 2015 dorthin konnte ich den eingewachsenen Kopf des Herrgotts sehen (s. Blogs mit Foto).
Was sind Weidbuchen?
Die mächtigen vom Wind zerzausten Weidbuchen sind eine besondere Wuchsform der Rotbuche. Die eigenartige Wuchsform wird durch den Verbiss durch Tiere wie Rinder, Ziegen, Schafe und Rehe ausgelöst. Es ist erstaunlich, wie diese Buchen den jahrelangen Verbiss und die Tritte des Viehs, aber auch Schnee, Kälte und Hitze überstanden haben. Dies zeugt von einem zähen Überlebenskampf der Bäume. Das Vieh auf den Weiden liebt nicht nur saftiges Gras und Kräuter, sondern auch Blätter und Triebe junger Buchen. Aus der jungen Pflanze wird ein breiter „Kuhbusch“, der nur langsam in die Höhe wächst. Dies geschieht, wenn die Mäuler der Rindviecher die Blätter nicht mehr erreichen. Das Blattwerk entfaltet sich und es schließen sich mehrere Stämmchen zu einem dicken Baum zusammen. Axel Mayer schreibt, dass aus einem „badischen Bonsai“ nach Jahrzehnten ein Baum und nach über 100 Jahren eine beachtliche Baumgestalt heranwächst.
Alte Weidbuchen haben ein Alter von mehr als 200 Jahren auf dem Kerbholz.
Weidbuchen in der Region
Gerd Sutter von Schopfheim-Gersbach führte Christian Wirth und mich nach dem Besuch der Großen Tanne zu einer Weidbuche, die sich in der Nähe des Evangelischen Freizeithauses befindet. Laut Sutter gibt es noch weitere Weidbuchen am Bergkopf, in der Brandhalde, im Tiergarten und Rüttenen. Einige besonders attraktive Exemplare sind auf dem Weidbuchenpfad oberhalb von Schönenberg (Richtung untere und obere Stuhlsebene) auszumachen. Hier kann man die bizarren Schönheiten besonders gut studieren. Beim genauen Hinsehen entdeckt man an besonders alten Weidbuchen Phantasiegestalten in den Stämmen. So war auf einem Baum ein Reh- und Schweinskopf zu sehen. - Oberhalb von Todtnauberg sah unsere Wandergruppe am 09.Juli 2024 in der Nähe des Jakobskreuzes eine mächtige Weidbuche. Förster Christof Stamm von der Abteilung Waldwirtschaft vom Landratsamt Lörrach in Todtnau, hatte Infos zu diesem Baum: „Das Besondere ist sicher der Standort und der heraus gebrochene dritte Stamm, was die Vitalität des Baumes offensichtlich nicht beeinträchtigt. Über das Alter des Baumes kann man nur spekulieren. Mit Sicherheit ist er älter als der Wald, an dessen Rand er steht. Die Weidbuche dürfte 200 Jahre alt sein.“ Ich war sehr erstaunt, dass der untere Teil des Stammes ausgehöht ist und sich der Baum im prächtigen Grün der Blätter präsentierte. „Da ist noch Leben im Baum“, dachte ich mir.
Im Buch „Charakter Bäume zwischen Küste und Alpen erleben“ werden die über 200 Jahre alten Weidbuchen bei Utzenfeld und in der offenen Weidelandschaft oberhalb von Graben bei Wieden beschrieben. Der Stammumfang der Weidbuche bei Utzenfeld beträgt 7,13 m und weist 28 Teilstämme auf. Sie dürfte wohl eine der mächtigsten Weidbuchen des Schwarzwalds sein.
Wegbeschreibungen: Die Weidbuche oberhalb Todtnauberg ist vom Radschert ausgehend in Richtung Jakobskreuz nach etwa 500 m zu erreichen. Die Buche befindet sich unweit des Kreuzes und neben einer Ruhebank. Von hier hoben hat man einen herrlichen Alpenblick.
Weg zur Weidbuche nordöstlich bei Utzenfeld: Beim E-Werk entlang des Sandgrabenwegs rechter Hand bergauf in Richtung Knöpflesbrunnen. Nach etwa 1,5 km Anstieg linker Hand (westlich) am Waldrand.
Literatur
Kühn Stefan u.a. Autoren: „Charakter Bäume zwischen Küste und Alpen.“ - BLV Buchverlag, München 2017.
Hockenjos, Wolf: „Begegnung mit Bäumen“, DRW-Verlag, Stuttgart 1978.
Blog vom 13.12.2015. „Zum Baumwunder: Von Gütenbach zum Balzer Herrgott“
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