Textatelier
BLOG vom: 19.05.2020

Weltweite Rettung von seltenen Orchideen

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

 


Hummel-Ragwurz
 

Damit die Schönheiten der Pflanzenwelt nicht Raritäten werden, sind weltweit Bestrebungen im Gange, besonders gefährdete und fast ausgestorbene Orchideen und auch andere Wildpflanzen zu retten. In diesem Blog richte ich die Blicke nach Taiwan, Grossbritannien und Montserrat. Nicht nur dort sind Rettungsmassnahmen für die Pflanzenwelt im Gange, sondern inzwischen in anderen Ländern.

1975 trat das Washingtoner Artenschutzprogramm (CITES) in Kraft, das bisher 183 Länder (Stand 2016) unterzeichnet haben. Auch internationale Umweltschutzgipfel wurden abgehalten. So wurde beispielsweise 1992 in Rio u.a. eine Übereinkunft über die biologische Vielfalt (Biodiversitäts-Konvention) beschlossen. Ob das immer hilft, ist fraglich. So nannte 2006 die Weltnaturschutzunion (IUCN) 8393 der insgesamt 313 655 Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Die IUCN erstellt die Rote Liste gefährdeter Arten und katalogisiert Schutzgebiete.
Auch leisten Botanische Gärten von heute bei der Pflanzenrettung einen wichtigen Beitrag.

Blick nach Taiwan
Ein Pflanzenzentrum in Taiwan (Cecilia Koo Botanic Conservation Center = KBCC) bewahrt 35 000 Gewächse aus aller Welt auf. Dies ist für den Artenerhalt von grosser Bedeutung. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern der KBCC verschwinden bis 2050 ein Viertel und bis 2100 die Hälfte aller heute existierenden Pflanzenarten.
Beispiel einer Orchideen-Rettung: 2010 wurde Eria gagnepainii als Orchideenart klassifiziert. Es gab nur ein einziges Exemplar. Die Wissenschaftler sind dabei diese zu stabilisieren und zu vermehren. „Wir hoffen, dass wir sie in ihrem natürlichen Lebensraum aussetzen können“, sagte Chun-Ming Chen vom KBCC.

Blick nach Großbritannien
In viktorianischer Zeit wurde der Gelbe Frauenschuh durch Sammler stark dezimiert. In unserer Zeit gab es nur noch ein einziges Exemplar in freier Wildbahn. Es gelang nach mehreren Versuchen den Samen zum Keimen zu bringen. Aber das gelang zunächst im Kew Gardens nicht. Da hatte ein schwedischer Orchideenzüchter und Kinderarzt eine grandiose Idee. Er brachte die Samen durch Kultur in einer Nährlösung, die bei Frühgeburten verwendet wurde, zum Keimen. Das Ergebnis war ein 100iger Erfolg.  Inzwischen gelang es durch Mikrovermehrung des Londoner Kew Gardens mehrere 100 Exemplare herzustellen. Man hofft durch dieses Verfahren weitere Orchideen zu retten.

Infos: Kew Gardens (Royal Botanic Gardens) im Süden von London bestehen aus grossen Parkanlagen (u. a. mit alten Rhododendrongewächsen) und Gewächshäusern mit vielen exotischen Pflanzen aus aller Welt. Der Kew Gardens setzt sich heute intensiv für den Umweltschutz ein und erforscht die Pflanzenwelt.

Blick nach Montserrat
1986 brach nach 400-jährigem Schlaf der Soufrière-Hills-Vulkan auf der Karibikinsel Montserrat aus und begrub die Hauptstadt Plymouth. Der botanische Garten und weite Teile der Nebelwälder wurden vernichtet. Der Kew Gardens half beim Einrichten des botanischen Gartens mit einheimischer Inselflora. Zwei einheimische Arten konnten durch Kultur gerettet werden. Darunter befand sich eine Pflanze aus der Familie der Kaffeegewächse und eine Orchidee (Epidendrum montserratense).

 

Orchideen-Fakten

Gattungen/Arten: Etwa 1000 Gattungen mit 15 000 bis 30 000 Arten. 50 % der Arten wachsen auf Bäumen. In Europa: 250 Arten. Im Fricktal (Schweiz) wachsen 33 verschiedene Orchideenarten.
Samen: jede Pflanze produziert Hundertausende bis Millionen von Samen in einer Samenkapsel.
Grösse der Pflanzen: wenige Millimeter bis zu einigen Metern (Tiger-Orchidee).
Grösse der Blüten: einige Millimetern bis zu 20 Zentimetern.
Blütenstand: oft traubenförmig, an den sich bis zu 100 und mehr Blüten ausbilden können.
Bestäubung: Insekten (Ameisen, Käfer, Fliegen, Bienen, Hummeln, Schmetterlinge), aber auch Vögel (z. B. Kolibris), Fledermäuse oder Frösche.
Verbreitung: Bis auf Antarktis auf jedem Kontinent.
Verwendung: Heilmittel, Dekoration, Aphrodisiakum. Es gibt auch Orchideen mit psychoaktiver Wirkung.
Orchideenkultur: Massenproduktion in Taiwan, Thailand und den Niederlanden.
Kulturelle Nutzpflanzen: Gewürzvanille;  einige Orchideen werden zur Aromatisierung von Tee und als Parfümierungsmittel für Parfüm und Tabak verwendet. In brasilianischen Regenwäldern benötigen Paranussbäume eine Prachtbiene zur Bestäubung. Die Weibchen sind wählerisch. Sie bevorzugen Männchen, die nach bestimmten Orchideen duften. Aber die Bienen brauchen intakte Wälder (Infos durch Carolyn Fry).
Zierpflanzen: Seit 150 Jahren entstanden 100 000 Hybriden, einige Tausend kommen als Zierpflanzen in den Handel.

Lehrpfad: Die Arbeitsgruppe Einheimische Orchideen Aargau (www.ageo.ch) unterhält in Obererlinsbach einen öffentlichen Lehrpfad mit geschützten Pflanzen, darunter sind auch Orchideen.

Internet
www.aargauerzeitung.ch
www.ageo.ch
de.wikipedia.org/wiki/Orchideen
Infos über den Kew Gardens – das exotische Paradies von London: www.kew.org  - www.lovinglondon.de/kew-gardens/

Literatur
Baumann, Helmut; Künkele, Siegfried: „Die Orchideen Europas“, Franckh-Kosmos Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1988.

Faber, Elisabeth und Martin: „Orchideen in der Umgebung von Freiburg“, Freiburg, 2. Auflage 2008.

Fry, Carolyn: „Die Fremde Welt der Pflanzen“, Frölich & Kaufmann Verlag, Berlin 2017.

Schnekenburger, Otto: „Die grüne Arche Noah“ (Pflanzenzentrum in Taiwan), „Badische Zeitung“ vom 09.05.2020.

 


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